Genmanipulierte Rüben unter freiem Himmel

■ BGA erlaubt Freisetzung

Berlin (taz) – Der Freisetzung genmanipulierter Nutzpflanzen steht nichts mehr im Weg. Das Bundesgesundheitsamt (BGA) hat vorgestern abend entschieden, daß die Kleinwanzlebener Saatzucht AG (KWS) und das Berliner Institut für Genbiologische Forschung (IGF) auf einem Acker im niedersächsischen Einbeck genetisch veränderte Zuckerrüben und Kartoffeln pflanzen dürfen. UmweltschützerInnen befürchten, daß Gefahren für die Umwelt nicht ausgeschlossen werden können. Sie haben deshalb vor zwei Wochen den Versuchsacker besetzt und darauf Kartoffeln gepflanzt – nicht genmanipulierte, sondern organisch angebaute.

Selbst die KWS räumt verschämt ein, daß die Risiken der Freisetzung nicht bekannt sind. Die Ergebnisse der bisher in Labors und Gewächshäusern durchgeführten Versuche seien nur eingeschränkt auf die Verhältnisse auf dem offenen Feld anwendbar. In den möglichen Wechselwirkungen mit anderen Organismen, die jetzt erst erforscht werden sollen, sehen KritikerInnen eine Gefahr: Die künstlich eingepflanzten Gene könnten auf Bodenorganismen oder durch Pollenflug auf andere Pflanzen übertragen werden. Neuartige Virusinfektionen wären vielleicht die Folge. Auch der ökonomische Nutzen ist zweifelhaft. Die genetisch veränderten Zuckerrüben sollen beispielsweise gegen eine Virusinfektion resistent gemacht werden. Die Folge wären höhere Erträge. Nun gibt es in der EG aber ohnehin enorme Zuckerüberschüsse, die zum Teil vernichtet werden müssen. Ähnliches gilt für die Kartoffeln, die als nachwachsende Rohstoffe zur Stärkegewinnung zur Kunststoffherstellung, genutzt werden sollen.

Vermutlich stehen aber ganz andere ökonomische Interessen dahinter. Die neuartigen Zuckerrüben sollen nämlich auch gegen das Totalherbizid Basta resistent sein. „Zufällig“ gehört dem Basta- Hersteller Hoechst ein Anteil von 10 Prozent an KWS-Tochter PLANTA, die die Versuche durchführt. Die anstehenden Freisetzungversuche werden aber nur das Vorspiel sein für weitere Experimente. Die Freisetzung genmanipulierter Raps- und Maissorten steht offenbar kurz bevor. Da trifft es sich doch, daß gerade heute der Bundestag über die Aufweichung des Gentechnik-Gesetzes berät. Nicola Liebert