Das Ende der RAF-These

■ Holger Deilke wurde wegen Autoklau und Waffenbesitz zu 26 Monaten Haft verurteilt / Verfahren gegen Ute Hladki soll eingestellt werden

/ Verfahren gegen Ute Hladki soll eingestellt werden

Im Dezember 1989 — kurz nach dem RAF-Anschlag auf Alfred Herrhausen — feierten Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft (BAW) die Verhaftung von Holger Deilke und Ute Hladki als „Riesenschlag gegen die RAF“. Drei Jahre später ist von dieser RAF-These nichts übrig geblieben. Gestern verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) den 33jährigen Deilke im Revisionsverfahren wegen schweren Diebstahls, Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitzes zu 26 Monaten Knast.

Deilke und Hladki waren am 7. Dezember 1989 in Tönning (Husum) verhaftet worden. Beide waren 1988 in den Untergrund abgetaucht, um sich in Düsseldorf einem „129a-Verfahren“ wegen „Werbens für RAF“ zu entziehen. Um ihr Leben in der Illegalität zu gestalten, bedienten sich beide Methoden, die auch von der RAF genutzt werden. Sie fuhren geklaute Autos mit Doubletten-Kennzeichen, kommunizierten mit Freunden über „tote Briefkästen“, waren bewaffnet und sollen eine konspirative Kate in Lasbek bei Oldesloe bewohnt haben.

Die BAW bauschte damals den Fall auf: Angeblich hätte das Duo einen Anschlag auf den in Oldesloe lebenden Industrieverbands-Präsidenten Tyll Necker geplant. Doch im Verfahren vor dem Staatsschutzsenat des OLG fiel diese These wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Dennoch verurteilte das Gericht Deilke im Oktober 1991 wegen RAF-Mitgliedschaft zu drei Jahren Haft. Richter Albrecht Mentz tollkühne These: Aus den „RAF-typischen Verhaltens-Merkmalen“ sei eine RAF-Mitgliedschaft abzuleiten. Der Bundesgerichtshof hob im Juli 1992 aber das Urteil auf. Begründung: Wer in der Illegalität RAF- Methoden anwendet, muß nicht automatisch RAF-Mitglied sein. Dem schloß sich der 4. OLG-Senat an. Richter Diethelm Erdmann in der Urteilsbegründung: „Der Senat hat nicht festgestellt, daß der Angeklagte in die RAF oder eine die RAF unterstützende Gruppierung involviert war.“

Da Deilke bereits 23 Monate Untersuchungshaft hinter sich hat, wird wahrscheinlich die Reststrafe ausgesetzt. Gegenüber der taz kündigte Bundesanwalt Hans-Peter Bell an, das Verfahren gegen Ute Hladki, die in der Untersuchungshaft eine Querschnittslähmung erlitt, wegen der gravierenden Folgen einzustellen. Kai von Appen