Gutmütigkeit mal wieder frech ausgenutzt

■ Millerntor: Der FC St. Pauli stellt seine Fans schwer auf die Probe und verliert verdient gegen den FC Freiburg mit 0:1

Es ist an der Zeit, mal wieder ein Loblied auf das Publikum des FC St. Pauli zu singen, besser: eine Laudatio im Sinne des guten Willens zu schreiben. Verdient haben sie es, die knapp 15 000 Männer und Frauen, daß man sie nicht kritisiert für ihr Tun. Eine Huldigung für das Leiden an ihrem Verein, eine Predigt in ihre Herzen, auf daß sie weiterhin so tapfer bleiben und nicht zur Höchststrafe greifen: Indem sie nämlich zuhause in ihren Sesseln sitzenblieben.

Zu berichten ist, daß das Spiel, welches die Hamburger abermals in die Abstiegszone trieb, weil sie es mit 0:1 gegen das „Dream Team“ der Zweiten Bundesliga (Millerntor Magazin), den FC Freiburg, verloren, eine solche Zumutung war, einem Dickicht an Regel- und Zügellosigkeit gleichkam, daß es, wie gesagt, nur für die Gourmets spricht, die diesen Braten schon längst gerochen haben.

„Trainieren die überhaupt?“, fragte ein Zuschauer völlig weise, als schon wieder der Ball, um eine militärische Formulierung zu benutzen, nicht als Zielflugkörper, sondern eher als Blindgeschoß malträtiert wurde. Ottens, der jüngst sehr wahr kundgab, „allzeit für Irritation sorgen zu wollen“, brachte es auch nicht fertig, die Badener aus ihren Aufstiegsträumen zu reißen.

Manzi, Gatti, Hollerbach, Knäbel – und wie die dummen Buben auch sonst noch heißen mögen: Nicht eine einzige Torchance fabrizierten sie. Daß wenige Sekunden vor dem Abpfiff fast noch der Ausgleich erzielt werden konnte, lag eher an der Nervosität der Freiburger, die bis zum für sie schönen Ende kaum begreifen konnten, daß das Millerntor noch vor zwei Jahren als feste Burg gehandelt wurde, die schwer einzunehmen war: für Erstligisten, wohlgemerkt.

Und um wieder auf das schauenende Volk zurückzukommen: Jeden Ballbesitz der Sanktpaulianer nahmen sie zum Anlaß, zu klatschen und zu rufen; andersherum: jede Ballberührung der FC-Mannen des Trainers Volker Fincke wurde als rüdes Vergehen wider die gute Stimmung unter den Hamburgern mit Pfiffen und Buh-Rufen geschmäht.

Das Tor fiel übrigens in der 26. Minute, und zwar nach einem simplen Zusammenspiel, wobei der Freiburger Uwe Spies fast unbedrängt im Hamburger Strafraum seinem Mannschaftskollegen Andreas Zeyer den Ball zuflankte. Muß erwähnt werden, daß die paulianische Abwehr nicht ganz im Bilde war, fast geweint hätte, weil der Schiedsrichter ihre Mimositäten (Fallenlassen, verzerrte Gesichter, Elfmeterfordern undsoweiter) nicht eben oft erhören mochte?

Um auf die Übungsstunden zurückzukommen: Es hatte den Eindruck, als träfen sich beim FC St. Pauli eine Handvoll von Freizeitspielern vor dem Anpfiff, um mittels mimischer Gesten aus dem Standardrepertoire des Profikickers den Eindruck zu erwecken, einer Profession, nämlich der des Fußballspielers, nachzugehen. Kurzum: Der Kick der Hamburger war nicht einmal mitleiderregend. Namen? Einzelkritik? Wozu? Arne Fohlin