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Schöne Gülle

■ Premiere im Waldau: „Burlala GmbH und Co KG“ — ein pseudo-sozialkritisches Landwirtschaftsstück

Es hätte eine schöne Provokation werden können, die Premiere des Stückes „Burlala GmbH und Co KG“ (Regie: Dieter Ehlers) am Freitag im Ernst-Waldau-Theater. Die selbständigen Bauern eines kleinen Dorfes im Norddeutschen kämpfen gegen einen übermächtigen Agrarindustriebetrieb und sparen dabei nicht mit Sachbeschädigung und Pistolenschüssen in die Luft. Am Ende tragen sie den Sieg davon. — Und haben doch verloren.

Autor Bernhard Fathmann hatte 1988 einen Preis im niederdeutschen Wettbewerb gewonnen mit seinem Stück, das ein aktuelles Problem der kleinen Landwirte aufgreift. Mastviehfirmen kaufen zu überhöhten Preisen Land an, das sie zu einem einzigen stinkenden Zweck brauchen: um dort die Gülle ihrer Rinder und Massengeflügel aufbringen zu können. Eine neue Verordnung, die die erlaubte Güllemenge pro Hektar einschränkt, führt die Agrarindustriebetriebe zu immer agressiveren Aufkäufen. Die Bauern kommen mit den Pachtpreisen nicht mehr mit und müssen ihre Betriebe aufgeben.

Im Stück „Burlala GmbH und Co KG“ tut sich der Landwirtssohn Klaus (Carl von Hollen) mit seinem „alternativen“ Freund Egon (Horst Arenthold) zusammen, um es der „Burlala GmbH“ zu zeigen. Die beiden zerstören nachts die mit Rindergülle reichlich gedüngten Maisfelder (deren Früchte gleich wieder an die Tiere verfüttert werden), und geben sich gegenseitige Alibi. Klaus Schwester Anna (Marianne Staudacher) löst wütend ihr Verlöbnis mit Dirk (Rolf Stueven), dem Lehrer, der finanziell im Trockenen sitzt und trotzdem sein Land an Burlala verpachtet, obwohl es doch Annas Vater Peter Petersen (Rolf Bahr) so dringend braucht. Und dann fallen Schüsse. Erst auf den verräterischen Verlobten. Und dann auf den schleimigen Burlala-Geschäftsführer Runge (Jens Ehlers). — Im Programmheft des Ernst-Waldau-Theaters sind diese Aktionen verschämt mit „eine Bürgerinitiative setzt sich zur Wehr“ angekündigt...Alles beieinander also für eine Überraschung der gediegenen LiebhaberInnen des niederdeutschen Theaters.

Aber die Geschichte von den Landwirten, die sich gegen die Mächtigen wehren, geht so billig aus, so jenseits aller sozialkritischer Einsicht liegt die Auflösung des Falles, daß „Burlala GmbH und Co KG“ hauptsächlich eines zeigt: die allergrößte Krise liegt im Niederdeutschen Theater selbst.

Am Ende nämlich verliebt sich der böse Geschäftsführer in die Schwester von Landwirt Petersen (Karin Hölscher) und verpachtet lieb und zu einem fairen Preis der Familie das benötigte Land. Und der untersuchende Polizist verliebt sich in Anna und vertuscht die Schüsse. Damit ist der Friede gerettet. Und die Gülle fließt weiter, wenn auch nicht auf das Land der Petersens.

Den Waldau-SchauspielerInnen ist nichts vorzuwerfen. Vor einem netten Bauernstuben- Bühnenbild (Roland Wehner) spielen sie unaufdringlich routiniert, mit hübschem plattdeutschen Witz, und gerade die vermeintlichen Revolutionäre und Aufbegehrer Klaus und Egon wirken so bauernschlau naiv, daß man ihnen durchaus zutrauen würde, den faulen privatissimo Kompromiß mit Ehrgefühl zurückzuweisen. Das Stück läßt ihnen keine Chance dazu.

Das Ernst-Waldau-Theater aber sucht in seinem „Kulissenmagazin“ dringend nach guten niederdeutschen Stücken. Ja — gibt es den niemanden?

Cornelia Kurth

Nächste Vorstellungen: 23.4. um 19 Uhr; 24.4. um 20 Uhr; 25.4. um 15.3o Uhr

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