Unterm Strich

Ulrich Roloff-Momin, Kultursenator von und zu Berlin, hat am Freitag das Holocaust-Memorial-Museum in Washington besucht. Der Besuch habe ihn „umso mehr berührt“, als sich zum 50. Mal der Tag jähre, an dem die SS in beispielloser Unmenschlichkeit den Aufstand im Ghetto von Warschau niedergeschlagen habe, sagte der Senator anschließend in New York vor amerikanischen Journalisten. Es sei „beispielhaft“, wie man es in den USA verstehe, „lebendig über die damaligen Geschehnisse zu informieren und zugleich der Opfer zu gedenken“.

Washington ist auch Hauptsitz von US News and World Report, einem Nachrichten-Magazin, zu dem die Spiegel-Konkurrenz Focus aus dem Hause Burda einen weiteren Schulterschluß gesucht und gefunden hat. Außer von L'Express aus Frankreich und Panorama aus Italien wird Focus nun auch washingtonerseits „exklusiv für den deutschsprachigen Raum“ regelmäßig mit allen Reportagen, Grafiken und Fotos beliefert. Wenn es der Wahrheitsfindung dient ..., kann man da wieder nur sagen; oder auch nur der Verbesserung von Mitteleuropa.

Kirche und Welt: Konsequenzen sollen bei neun leitenden Mitarbeitern der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg gezogen werden, und zwar wegen Zusammenarbeit mit der Stasi. Gegen fünf von ihnen soll nach einer Empfehlung des zuständigen Überprüfungsausschusses ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, bei zweien gar mit dem erklärten Ziel der Entlassung aus dem Dienst. So jedenfalls geht es aus einem Bericht des kirchlichen Ausschusses hervor, den die Synode von Berlin-Brandenburg am Freitag entgegennahm. Die Stasi-Überprüfung für Kirchenleitung und führende Mitarbeiter sei damit „im wesentlichen abgeschlossen“.

Jubel, Trubel, Heiterkeit: Pavarotti ist wieder fit! Kurz vor dem Berliner Konzert am 22. April ist er energisch Gerüchten entgegengetreten, es habe bei ihm einen „Zusammenbruch der Kondition“ gegeben. Vielmehr habe es sich um eine selbstgewählte Schaffenspause gehandelt, die er mit der Familie und seiner Passion, der Pferdezucht, ausgefüllt habe, diktierte er Journalisten der Berliner Zeitung aufs Band (die das dann auch freudig abdruckten). Weil das Rekonvaleszenzprogramm unter anderem auch von einer Diät begleitet worden sei, fühle er, Pavarotti, sich „sehr ausgeruht und ausgeglichen“.

„Spitzenwerke der Moderne“, weiß dpa, wird es demnächst in den Berliner Nationalgalerien zu sehen geben, ausgeliehen „aus zwei bedeutenden Sammlungen“. Unter dem verlockenden Titel „Wege der Moderne — Die Sammlung Beyeler“ sind sie vom 30. April bis Anfang August zu besichtigen. Die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel zieht unmittelbar nach und präsentiert vom 14. Mai bis zum 12. September „Meisterwerke des 19. Jahrhunderts“ aus der Stif-

tung Oskar Reinhart aus dem schweizerischen Winterthur. Wir begrüßen diesen Vorstoß in Sachen Volksbildung und Kulturverwesung, kennen aber die annoncierten Werke leider fast alle schon ziemlich gut von Postern und Postkarten her; oder aus dem Fernsehen, wenn zwischen Tagesthemen und Spielfilm die „1.000 Meisterwerke“ ausgestrahlt werden, z.B. „Der hungrige Löwe wirft sich auf die Antilope“ von Rousseau oder der „Bärenklau“ von Matisse. Außerdem gibt's Kiefer, Baselitz und Giacometti. „Die Abstrakten“, heißt es lapidar, sind mit Kandinsky, Klee und Miró vertreten“.

Auch eine schöne Ticker-Überschrift: „Innsbruck lockt mit historischen Waffen, Dada und Damenmode“. Mit einem „breitgestreuten Ausstellungsprogramm“ (wohl wahr) will Innsbruck heuer wieder die Besucher diesseits seiner Pforten begrüßen dürfen. Die Waffen gibt's auf Schloß Ambras: eine „umfangreiche Rüstkammer mit kunstvoll verzierten Waffen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert“ nebst einer Porträtgalerie der Habsburger, für die ihrerzeit mal eben Leute wie Dürer, Cranach d.J., Velazquez, Arcimboldo und Tizian „herangezogen“ wurden. Im Landesmuseum läuft bis zum 6. Juni „DADAutriche“, eine Ausstellung, die daran erinnern will, daß sich in den Jahren 1921 und 1922 „führende Vertreter des Dadaismus sich in verschiedenen Gruppierungen mehrmals in Tirol aufgehalten haben“, so z.B. Tristan Tzara, Hans Arp, daneben auch André Breton und Paul Eluard. Letztere seien auch einmal von Tirol aus zu einem Besuch bei Sigmund Freud in Wien aufgebrochen. Die Ausstellung über die Mode der Frauen im sogenannten Ferdinandeum trägt übrigens den etwas kryptischen Titel „Kleidersprache – Sicht der Dinge 3“.

Nochmal Kirche und Welt: Der bulgarisch-orthodoxe Erzbischof für Westeuropa Simeon will seinen Sitz von Budapest nach Berlin verlegen. Die Botschaft der Republik Bulgarien in Berlin teilte das am Freitag mit. Grund: die neue Bedeutung der Bundesrepublik sowie die Aufgaben und die Bedürfnisse der orthodoxen Kirche. Im September soll's losgehen, da weiht der Erzbischof eine bulgarische Schule in Berlin ein und hält einen Auftakt-Gottesdienst in der bulgarischen Botschaft.

Josef „Graf Yoster“ Meinrad wird 80! Die schon schwer nach Nachruf klingenden Gratulationsberichte betonen vor allem die „Bescheidenheit“ des Burgschauspielers. Sie stehe nur scheinbar im Widerspruch zu der „unbändigen Lust am Theaterspielen“, die Meinrad einer verbürgten Anekdote zufolge einmal auf die Frage nach seiner Lieblingsrolle habe ausrufen lassen: „Alle! Alle!“. Meinrad, ist weiter zu lesen, hat tatsächlich bei ziemlich viel Filmen mitgemacht und war auch immer wieder im Fernsehen zu besichtigen (remember „Pater Brown“?).