■ Die Sanktionen gegen Serbien werden verschärft
: Verzögerungstaktik

Eine „verschärfte Maßnahme“, eine „Antwort der Welt auf den Angriff auf Srebrenica“, soll es sein, das jetzt verhängte Embargo gegenüber Serbien. Und sicherlich, das Druckmittel des Embargos anzuwenden, kann gegenüber den Führungen aggressiver Staaten Wirkung zeigen. In Südafrika half es zum Beispiel, die Regierung zum innenpolitischen Einlenken zu zwingen. Auch im Golfkrieg schienen noch nicht alle Möglichkeiten eines Embargos ausgeschöpft, bevor der militärische Schlag begann. Doch der Nutzen des neu aufgelegten Embargos gegen Serbien erscheint mehr als zweifelhaft.

Es ist ja nicht nur eine Begleiterscheinung des Embargos, daß es unterdrückte Minderheiten in Serbien selbst, die albanische Bevölkerung des Kosovo, die moslemische Bevölkerung des Sandschak und auch die Ungarn der Wojwodina, in besonderem Maße treffen wird. Diese Menschen würden es sicherlich ertragen, wenn es langfristig ihre Situation verändern würde. Doch es bleiben große Zweifel, daß die nun ausgesprochene Verschärfung des Embargos, die serbische Armee gerade in bezug auf die aktuelle Lage in Srebrenica zum Einlenken bringen kann. Auch wenn die Nachbarländer zur lückenlosen Überwachung ihrer Grenzen gezwungen würden, könnte dies die serbische Armee wohl kaum gefährden. Sowohl was die Ausrüstung, die Waffen und die Munition betrifft, ist sie nämlich noch für lange Zeit autark. Und da alle bisherigen Maßnahmen mit der Zeit abgemildert wurden, so die Erfahrung, brauchte die serbische Führung von keinem ihrer strategischen Ziele abzurücken.

Nein, die Verschärfung des Embargos macht als Einzelmaßnahme in der aktuellen Lage keinen Sinn. Sie ist lediglich Ausdruck dafür, daß trotz der dramatischen Situation um Srebrenica der Weltsicherheitsrat die grundsätzliche Entscheidung umgeht. Das Argument, das Referendum in Rußland müsse abgewartet werden, hilft den noch überlebenden Menschen in Srebrenica nicht. Es flankiert sogar die serbische Strategie, weil wieder einmal die militärischen Maßnahmen aufgeschoben werden. Daß allerdings nun selbst dem Vater des Friedensplanes, dem EG-Vermittler Lord Owen, der Kragen platzte und er nun eine militärische Intervention fordert, gibt Spekulationen freien Lauf. Und auch der Blick auf amerikanische Fernsehschirme läßt wieder Hoffnung keimen, daß den Aggressoren, wenn auch für viele Menschen zu spät, doch noch nachdrücklich entgegengetreten wird. Erich Rathfelder, Zagreb