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Festnahme im Mordfall Hani

■ Südafrikanischer Rechtsradikaler überraschend verhaftet

Johannesburg (taz) – Eine Woche nach der Ermordung des Kommunistenchefs Chris Hani hat die südafrikanische Polizei am Wochenende eine spektakuläre Verhaftung vorgenommen. Der 57jährige Clive Derby-Lewis, enger Berater von Andries Treurnicht, Chef der reformfeindlichen „Konservativen Partei“, wurde festgenommen. Derby-Lewis aus Krugersdorp bei Pretoria unterhielt enge Verbindungen zu dem aus Polen stammenden mutmaßlichen Todesschützen Januz Walus.

Clive Derby-Lewis fungierte lange Zeit als Sprecher der Konservativen Partei und bemühte sich vor allem darum, englischsprachige Weiße für die (von Afrikaans sprechenden Buren dominierten) rechtsradikalen Kreise anzuwerben. Zu diesem Zweck gründete er unter anderem die sogenannte Stallard-Stiftung, der auch Janus Walus beitrat. Derby-Lewis saß auch im „President-Council“. Staatspräsident Frederik W. de Klerk nutzte dieses Gremium im Herbst des letzten Jahres, um gegen den Willen des weißen Minderheitsparlaments die Amnestie für politische Verbrechen durchzusetzen. ANC-Sprecher Pallo Jordan erklärte nach der Festnahme des rechtsradikalen Politikers: „Die Verhaftung stellt vielleicht den erste Faden dar, mit dem das Knäuel einer Verschwörung zur Destabilisierung des Landes und des Verhandlungsprozesses aufgeklärt werden kann. Uns besorgt, daß die südafrikanische Regierung bisher so sanft mit dem Rechtsradikalismus in Südafrika umgegangen ist, obwohl sie sogar Todeslisten veröffentlichten.“

Der Mord an Hani, der heute bei Johannesburg beerdigt werden soll, führte während der vergangenen Woche zu massiven Unruhen. Am Samstag erschoß in der Stadt Vanderbijlpark unter den Augen der Polizei ein weißer Rechtsradikaler zwei schwarze Teilnehmer einer friedlichen Protest-Demonstration. Am Wochenende gab es vereinzelte Zwischenfälle bei mehreren, kleiner als erwarteten Demonstrationen.

Schon seit Samstag treffen in einem Fußballstadion von Soweto bei Johannesburg Teilnehmer der Totenwache für Chris Hani ein. Der „African National Congress“ (ANC) rechnet mit weit über 100.000 Menschen, die an den Trauerfeierlichkeiten teilnehmen wollen. Mehr als 15.000 „Marshalls“ der Organisation sollen für Ordnung sorgen.

Der Sarg wird am heutigen Montag in einem riesigen Geleitzug von dem Stadion in Soweto 47 Kilometer bis zum Friedhof von Germiston gebracht. Dort soll Hani im Familienkreis beerdigt werden.

De Klerk beauftragte unterdessen den Richter Richard Goldstone mit einer Untersuchung der Ausschreitungen nach dem Attentat auf Hani in Kapstadt, Durban, Port Elizabeth und Pietermaritzburg. Seit dem Hani-Mord vor einer Woche wurden mindestens 26 Menschen getötet und 537 weitere verletzt. Allein zwölf Menschen seien von Polizisten getötet worden, gab die Goldstone-Kommission bekannt; zwei Polizisten wurden getötet; unter den Verletzten befinden sich auch acht Journalisten.

Der ANC geriet nach der Bluttat in eine Zerreißprobe: Zwar hatte er Protestaktionen bis Ende Mai angekündigt, die ANC-Jugendliga und Teile der Gewerkschaft hatten aber einen einwöchigen Generalstreik verlangt. Der ANC-Jugendliga-Führer Peter Mokaba trat am Wochenende erstmals mit Winnie Mandela auf und verlangte in einer Rede: „Wir müssen dem De-Klerk-Regime Hammerschlag für Hammerschlag verpassen. Wir müssen auf die Straße gehen.“ ANC-Sprecher Pallo Jordan verneinte am Samstag die Frage, ob Demokratisierungsverhandlungen abgebrochen würden. Willi Germund

Siehe auch Portrait Seite 11

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