Kroaten und Muslimanen führen Krieg im Kriege

■ Trotz gemeinsamer Bedrohung durch Serben sind die Bosnier zerstritten

Die dramatische Situation in Srebrenica verdrängt einen Konflikt in Bosnien, der ebenfalls täglich Opfer fordert. Es ist der unerklärte Krieg zwischen den „verbündeten“ Kroaten und Muslimanen in Zentralbosnien. In der Kleinstadt Vitez starben bei diesen Kämpfen am Freitag nach kroatischen Angaben neun Soldaten der kroatisch-bosnischen Armee HVO, nach Angaben der UNO- Behörden über 50 Menschen. Auch in den Städten Travnik und Zenica kam es zu Schießereien, in Prozor und Konjic soll Blut geflossen sein. Selbst in der westherzegowinischen Stadt Mostar, auf die sich nach wie vor die serbische Artillerie richtet, ist die Situation zwischen Muslimanen und Kroaten angespannt. Ein muslimanischer Einwohner erklärte letzte Woche sogar, er könne sich vorstellen, zusammen mit den Serben gegen die Kroaten vorzugehen.

Zwar ist das die Meinung eines einzelnen und angesichts der serbischen Offensiven in allen Teilen Bosniens wohl auch eine unrealistische Option. Doch sie ist Ausdruck der Verbitterung unter den Muslimanen, seit die kroatisch- westherzegowinische Seite versucht, in diesen gemischten Gebieten die Kontrolle zu übernehmen. In Mostar zum Beispiel ist die Altstadt von der Wasserversorgung abgeschnitten, weil die kroatische Seite erst wieder Wasser liefern will, wenn sich die Muslimanen ihrer Kontrolle unterstellen.

In diesem Teil Bosniens leben etwa genauso viele Muslimanen wie Kroaten. Gemeinsam wurde vor einem Jahr die Verteidigung gegenüber den serbischen Aggressoren organisiert. Doch schon im November '92 zeigte sich bei den Kämpfen in der Stadt Prozor, wie brüchig die Allianz geworden war. Das Resultat der Kämpfe in Prozor war damals der Fall der bis dahin gemeinsam verteidigten Stadt Jaice — weil dort der Nachschub nicht mehr durchkam. Und im Januar '93 versuchte die kroatische HVO sogar mit Artillerie die muslimanisch dominierte Stadt Gornij Vakuf unter Kontrolle zu bekommen — was nach erbitterten Kämpfen scheiterte.

Seither herrschte ein instabiler Waffenstillstand. „Wir wollen nur die Gebiete kontrollieren, die nach dem Vance-Owen-Plan zu den kroatischen Bezirken gehören“, erklärte die kroatische Seite. „Der Plan ist aber noch nicht in Kraft gesetzt“, konterten die Muslimanen. Als am 15. April ein Ultimatum des Präsidenten der selbsternannten kroatischen Republik „Herceg-Bosna“, Mate Boban, an die bosnische Armee erging — wonach sich diese in den umstrittenen Gebieten dem Befehl der kroatischen HVO zu unterstellen hatte—, entflammten die Kämpfe erneut. Erich Rathfelder, Zagreb