Mädchenprojekt meets Traute Müller

■ Frauensenatorin smalltalkte mit Schülerinnen der Gesamtschule Öjendorf / Acht Tage Schule ohne Jungs

smalltalkte mit Schülerinnen der Gesamtschule Öjendorf / Acht Tage Schule ohne Jungs

„Wie sind Sie Frauensenatorin geworden?“, „Sind Sie verheiratet?“, „Macht ihr Mann auch Hausarbeit?“. Die zwei dutzend Fragen, die die Mädchen von der Gesamtschule Öjendorf gestern früh Senatorin Müller stellten, befriedigten auch die Neugierde der anwesenden Journalisten. Jetzt wissen wir, Traute Müller hat sich in der Schule mit Jungs geprügelt, ist in einem reinen Frauenhaushalt aufgewachsen, ohne Vater, als älteste von drei Töchtern. Sie ist nicht verheiratet, aus Überzeugung. Dafür macht ihr Lebenspartner inzwischen Hausarbeit (Müller: „Sogar mehr als ich“), weil ihn die SPD- Politikerin dazu erzogen hat.

Die 16 Mädchen aus dem Schuljahrgang sieben waren zufrieden mit ihrem Kurzinterview, das sie im „Senatsamt zur Gleichstellung“ mit Hamburgs erster Frauensenatorin führten. Wie sie es überhaupt ganz gut finden, einmal acht Tage ohne die Jungs zu sein: „Die lachen einen oft aus“. Auch sei es gut einmal ohne „die“ über „die“ reden zu können. Während die männlichen Altersgenossen die Wahl zwischen „International Kochen“, „Haustierhaltung“ und „Bumerang bauen“ haben, beschäftigen sich die 13jährigen Mädchen unter Anleitung von Sportlehrerin Jutta Kastens mit ihrer Rolle als Mädchen und Frau in der Gesellschaft. Die erste Mädchenprojektwoche dieser Art an der Gesamtschule in Hamburgs Osten.

Und die Benachteiligungen, die Verbote, die heutigen weiblichen Teenager zu spüren bekommen, sind so überraschend neu nicht. Da ist die Werbung, die nur schöne, schlanke perfekte Frauen gelten läßt, keine häßlichen, dicken. Da sind immer noch die Brüder, die viel mehr dürfen, länger draußen bleiben zum Beispiel, als ihre Schwestern. „Die Mädchen werden viel enger am Haus gehalten“, berichtet Jutta Kastens. Meist sind es die Väter, die die Verbote aussprechen. In Kleingruppen haben die Schülerinnen deshalb die Diskussion mit ihnen geübt. Und dann kommt immer ein Argument, das schwer zu entkräften ist: „weil du schwach bist und Dich nicht wehren kannst“. Den Höhepunkt für die Mädchenprojektwoche bildet denn auch nicht der Senatorinnenbesuch, sondern ein handfester Schnupperkurs in Selbstverteidigung für Mädchen.

„Wurden Sie schon mal benachteiligt, weil Sie eine Frau sind?“, wollte Claudia wissen. Die Senatorin überlegte nicht lange: „Ja häufig. Wenn Frauen nicht brav sind,

1kriegen sie einen auf die Mütze. Ich bin oft nicht brav“. Und woran liegt es, daß Frauen so behandelt werden? „Bei Frauen ist das mangelnde Selbstbewußtsein ein Faß ohne Boden. Wenn Männer kriti-

1siert werden, wenden sie die Kritik ab. Wir Frauen ziehen uns den Schuh immer an.“

Wahre Worte. Außerdem, so Traute Müller, „wird über Frauen in der Politik häufig gelacht“. Das

1kam den Schülerinnen bekannt vor. Ob sie es vorziehen würden, immer ohne Jungs Unterricht zu haben, wollte die SPD-Politikerin wissen? Ja und nein. Im Sportunterricht auf jeden Fall. Kaija Kutter