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Willipinski in Erinnerungslücke verschwunden

■ Stadtwerke-Vorstandsmitglied Willipinski kann sich an nichts mehr erinnern / „Da sind überall Genossen“

Den ganzen langen Dienstag dauerte die Vernehmung des Vorstandsmitglieds Jörg Willipinski im Stadtwerke-Untersuchungsausschuß, aber sobald eine Frage spannend wurde, verschwand Willipinski in einer Erinnerungslücke. Nichts weiß er noch über die 90.000 Mark für die SPD, nichts über die Diskussionen dazu im Vorstand, nichts darüber, wie die großzügige Finanzierung des Wedemeier- Schlafzimmers in der Bremer Vertretung in Bonn zustande gekommen ist. „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, war die Standard-Antwort des Zeugen Willipinski.

Zäh waren die gestrigen Verhandlungen, und in den wichtigen Punkten fruchtlos. Dabei konnte sich der Zeuge Willipinski durchaus auch an Einzelheiten erinnern — so lange sie harmlos waren. Zum Beispiel an eine Spende an den Campingplatz Bremen: Der hatte sich eine Beleuchtung seiner neuen Pforte gewünscht und auch erhalten. Willipinski erinnerte sich sogar, daß es sich dabei um einen krummen Betrag um die 500 Mark gehandelt hatte. Nur bei den Fragen nach den 90.000 Mark an die SPD, die in drei Tranchen werden sollte, da mußte er passen. Bei allen Spenden an die SPD wußte Willipinski, Sozialdemokrat seit 25 Jahren, genau den Grund: Die SPD habe sich auf europäischer Ebene für den Erhalt der kommunalen Energieversorgung eingesetzt.

Doch mit der europäischen Energiepolitik hatte die Großspende nichts zu tun, aber auch nicht mit dem Bürgerschaftswahlkampf, soviel wußte Willipinski. Günter Niederbremer von der CDU fragte, wer das Spendenersuchen angesprochen habe. Willipinski: „Von mir nicht, ich kann aber nicht definitiv sagen, von wem.“ Wer die Raten vorgeschlagen habe? „Ich kann mich nicht erinnern. Das ist möglicherweise im Diskussionsprozeß entstanden.“ Und die Summe? „Kann ich auch nicht erinnern.“ Ob es denn überhaupt um eine Summe gegangen sei. „Ja, um 90.000 Mark. Die Diskussion ging hin und her.“

Doch trotz allem hin und her: Mehr konnte der Zeuge nun wirklich nicht sagen, ohne zu lügen. Und das wollte er nun auch nicht. Und selbstverständlich konnte er auch keine Auskunft geben, wieso über die zweiten 30.000 Mark an die SPD, die wieder zurückgeflossen sind, bisher keine Belege aufgetaucht sind.

Nicht anders lief die Befragung zum Schlafzimmer in der Bonner Vertretung. Sogar daß der ehemalige Finanzsenator Claus Grobecker bei seiner Wahl zum Aufsichtsratvorsitzenden der Stadtwerke zuerst durchgefallen war, das hatte der Vorständler Willipinski glatt vergessen.

So quälte sich der Ausschuß von Spendenbeleg zu Spendenbeleg: Der Vorsitzende Reinhard Barsuhn von der SPD mit eher gebremstem Erkenntnisinteresse, Günter Niederbremer von der CDU mit einem Hang zum Detail. Klar wurde über die Zeit aber doch der rote, der sozialdemokratische Faden der Spendepraxis. Willipinski meinte dazu, daß das unvermeidlich sei, weil in den meisten Verbänden und Vereinen Sozialdemokraten in den Vorständen säßen: „Da sind überall Genossen“, wenn man denen nichts spenden wolle, dann müsse man das Spenden insgesamt „abschreiben“. J.G.

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