Verkehrsminister rast weiter

■ Bundeskanzler Kohl verzeiht seinem Anarcho Günther Krause

Berlin (taz) – Meistens fällt es gar nicht ins Gewicht, wenn Helmut Kohl aus dem Fastenurlaub zurückkehrt. Diesmal jedoch korreliert das Loch im Magen mit einem Hoch im Hirn. Der Ausgehungerte überraschte seine Regierungshelfer mit einem weisen Urteil: Günther Krause, so entschied Kohl am Montag nach einem „eingehenden und offenen Gespräch“ mit selbigem, bleibt Bundesverkehrsminister. Denn er hat viel getan für das deutsche Volk, meint Kohl. Ohne sein Talent, sich den neuen Sitten und Gebräuchen anzupassen, wäre die Übernahme der DDR nicht so reibungslos verlaufen. Zum Dank wurde er Bundesverkehrsminister ohne Tempolimit. Der Kanzler attestiert ihm „hervorragende Arbeit bei der Bewältigung der enormen Verkehrsprobleme“ für die Idee, mit neuen Autobahnen zur Volksberuhigung beizutragen.

Daß der „schnelle Günzi“ bei all dem Schaffen keine Zeit für kleingeistige Sensibilitäten hatte, darf ihm nicht übelgenommen werden. Denn, ergaunerte Zuschüsse hin, Freiflüge her, was lehrt uns Krauses Putzhilfenaffäre wirklich? Daß er ein sauberer Deutscher ist und ein guter Mensch! Sicher, nicht ganz aufrichtig, aber aufrecht im Kampf gegen jede Form konjunkturfeindlichen Rechts. So verhalf er einer armen Putzfrau unbürokratisch zu ihrem ganz persönlichen Aufschwung Ost bei gleichzeitiger emanzipationsfördernder Entlastung seiner Ehefrau, die sich fortan dem Studium staatlicher Zuschußregelungen widmen kann. Die körperliche Betätigung seines Nachbarn Hesse in Krauses Garten gegen Trinkgeld ist nicht, wie der Spiegel mutmaßt, Schwarzarbeit, sondern Ausdruck intakter nachbarschaftlicher Beziehungen. Schon seit geraumer Zeit weist das Getümmel freiwilliger Helfer auf dem Krausschen Grundstück stark auf die unmittelbar bevorstehende Gründung einer Landkommune hin, nach dem Vorbild der Großfamilie. Denn Familie ist seine (und Deutschlands) Keimzelle, auch auf Auslandsreisen. Und ist es nicht recht und billig, wenn der Staat bezahlt für das Seelenheil seiner Minister? Völlig unverständlich, daß Kohls Amigo nun nachbezahlen muß. Doch Krause bleibt Anarcho: trotz offiziellen Entschuldigungen für seine Verfehlungen – er zahlt nie vor der zweiten Mahnung. Michaela Schießl