Perfekte Werbung für Kriegseinsätze-betr.: "Ohnmächtige Ostermärsche" von Antje Vollmer, "Wege zur Macht" von Jürgen Gottschlich, taz vom 13.3.93

betr.: „Ohnmächtige Ostermärsche“ von Antje Vollmer, „Wege zur Macht“ von Jürgen Gottschlich, taz vom 13.3.93

Jürgen Gottschlich hat es auf den Punkt gebracht: „Statt Wege zur Friedenssicherung sucht Bonn Wege zur Macht“, und die Losung unserer Gesellschaft lautet: „Fakten schaffen mit immer mehr Waffen.“ Tragisch ist es, daß eine solche Stimme, wie auch die der restlichen Friedensbewegung, kein Gehör mehr findet in einer militarisierten Gesellschaft. Kriegsbereit gemacht, will niemand mehr die Mahner hören. E. A. Rauter hat in seinem Buch „Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht“ aufgezeigt, wieviel die deutsche Rüstung an dem letzten Krieg verdient hat. Ach, könnten wir doch nach seinem Vorschlag für die Rüstungskonzerne sammeln gehen, damit zu den ungeheueren Kosten nicht noch wieder das große Morden und Zerbomben kommt. Leider würde auch heute niemand diese Spende leisten wollen, die wir alle „freiwillig“ für die Kriegsmaschinerie aufbringen müssen. Denn die Meinung in den Köpfen ist fertig, die Werbung für Kriegseinsätze war perfekt. „Das nennt sich dann Normalisierung“, wie Jürgen Gottschlich klar erkennt. Wer nicht für diese zweifelhafte militärische Hilfe ist, muß zwangsläufig nicht normal sein.

Antje Vollmer kann ich zustimmen hinsichtlich der Ohnmacht der Ostermärsche bzw. der Ostermarschierer. Diese Ohnmacht ist aber nicht so sehr „im Untergang einer politischen Protestkultur“ zu suchen wie in der Militarisierung und Desorientierung unserer Gesellschaft. Ich bin auch nicht sicher, ob die Politik die „Handlungsvollmacht“ verloren hat oder ob nicht vielmehr gezielt umgestellt worden ist von politischem auf militärisches Denken.

Die Awacs-Entscheidung der Verfassungsgerichts paßt dabei sehr gut in die Legitimierungskampagne. Der in der Bevölkerung tief verwurzelte Friedenswille und die Bereitschaft zu helfen, mußte mit viel Mühe und einem gewaltigen Aufwand so kanalisiert werden, daß am Ende selbst ehemals friedensbewegte Menschen nach militärischem Eingreifen schreien. Bei den Bildern aus dem ehemaligen Jugoslawien mußten die Frager zum Verstummen gebracht werden, die wissen wollten, warum wir so dringend Kroatien anerkennen mußten, warum seitens unserer Regierung nicht etwa die Friedensgruppen dort unterstützt wurden, warum Waffenlieferungen munter weitergehen können, warum wir weder Deserteure aus Serbien aufnehmen können noch die Flüchtlinge. I. Jasker, Wedel