Liquidierung geplant

■ Sicherheitsbehörden der DDR wollten Regimekritiker „ausschalten“

Berlin (taz) – Mit mörderischen Methoden wollte sich das frühere Regime in der DDR seiner GegnerInnen entledigen. Die Planungen der Sicherheitsbehörden sahen für den sogenannten Spannungs- oder Krisenfall nicht nur die Inhaftierung oppositioneller DDR-Bürger vor. Nach Dokumenten des Ministeriums für Staatssicherheit und des Nationalen Verteidigungsrates, die das Fernseh-Magazin Panorama jetzt veröffentlichte, sollten führende Regimekritiker sogar systematisch liquidiert werden.

Wie das Magazin berichtet, hatte Staats- und Parteichef Erich Honecker in einem „Alarmplan“ des Nationalen Verteidigungsrates aus dem Jahr 1985 für den inneren wie den äußeren Krisenfall die „Ausschaltung“ führender Oppositioneller verfügt. In jährlichen Übungen des Nationalen Verteidigungsrates und der ihm direkt unterstellten Bezirkseinsatzleitungen sollen die Liquidierungspläne auch durchgespielt worden sein.

Zuständig für die auch in der DDR streng geheim gehaltene Planung waren danach Abteilungen der Staatssicherheit und der Volkspolizei. Bisher waren nur die Pläne zur Einrichtung von Internierungslagern bekannt. Wie aus zahlreichen Stasi-Akten hervorgeht, wollte die Staats- und Parteiführung der DDR im „Spannungsfall“ Tausende von Oppositionellen und Ausländern verhaften.

Laut Panorama sollten die Liquidierungen von einer sogenannten „B-Struktur“, einer Kommandoorganisation der SED ausgeführt werden. Die Organisation soll über zahlreiche unterirdische Führungsbunker verfügt haben. In einem bei der Bezirkseinsatzleitung Erfurt aufgefundenem Dokument heiße es: „Mit der Planung der Vorbeugemaßnahmen ist zu gewährleisten, daß Feinde erkannt und so unter Kontrolle gebracht werden, daß ihre Liquidierung/ Ausschaltung auf besonderen Befehl erfolgen kann, wenn es die Lage erfordert und wenn es politisch notwendig und richtig ist.“

Während einer Stabsübung mit dem Namen „Ausfuhrverbot 78“ der Bezirkseinsatzleitung Dresden sei beispielsweise von der Volkspolizei in Zittau die „Bereitstellung von Liquidationsräumen“ verlangt worden. Die Ermordung sogenannter „feindlich-negativer und subversiver Kräfte“ soll in derselben Übung auch in Dresden erprobt worden sein. Pikant: Der heutige Bundestagsabgeordnete und Ehrenvorsitzende der PDS, Hans Modrow, hat — wie es das Magazin berichtet — in einem Protokoll der Bezirkseinsatzleitung der Übung persönlich zugestimmt.

Die Pläne sollen auch vom für die Staatssicherheit zuständigen Minister, Erich Mielke, abgesegnet worden sein. 1988 habe Mielke in einem Referat erklärt, „daß subversive Kräfte des Gegners schnell erkannt, ihre Handlungen unterbunden und die Liquidierung in kürzester Zeit realisiert werden kann“. Wolfgang Gast