Hani-Mord: Spur nach Deutschland

■ In Südafrika verhafteter Journalist hatte beste Kontakte zu deutschen Rechtsextremen

Berlin (taz) – Die Spuren der mutmaßlichen Mörder des ANC-Führers und Generalsekretärs der südafrikanischen Kommunistischen Partei, Chris Hani, führen auch nach Deutschland. Der vor zwei Tagen festgenommene Journalist Arthur Kemp hat beste Beziehungen zu bundesdeutschen Rechtsextremisten, insbesondere zu den Herausgebern der offen rassistischen Monatszeitschrift Nation+Europa, die im oberfränkischen Coburg erscheint.

Auf einer Veranstaltung im April letzten Jahres in Coburg rief Kemp unter dem Applaus von 100 Teilnehmern unverhohlen zur Gewalt gegen die Schwarzen auf: „Es gab bereits Bombeneinsätze, und es spricht nichts gegen eine Fortsetzung des Kampfstils.“

Die südafrikanische Polizei verdächtigt Kemp, Wohnung und Verhaltensgewohnheiten von Hani für den Anschlag ausgekundschaftet zu haben, den der polnische Immigrant Janusz Walus am Ostersamstag ausführte. Kemp, der 1985 die südafrikanische Polizei im Rang des Seargents verließ, schrieb zunächst für die größte Tageszeitung des Landes, den Citizen und dann für den rechten Patriot. 1990 verfaßte er ein Buch über die weiße rassistische „Afrikaaner Widerstandsbewegung“ (AWB), der der mutmaßliche Mörder Hanis angehören soll, und zeigte sich begeistert von deren terroristischem Potential. Im gleichen Jahr begann Kemp für die rechtsextreme Zeitung Nation+Europa zu schreiben.

Die in Coburg seit 1951 erscheinende Zeitschrift gehört mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren zu den größten deutschen rechtsextremen Periodika. Sie wendet sich gegen „den Völkermord durch Vermischung und Durchrassung“. Neben dem NPD-Aktivisten Peter Dehoust fungieren als Herausgeber der Zeitschrift Harald Neubauer, ehemaliger bayerischer Rep-Vorsitzender, für die Reps ins Europaparlament gewählt und heute führender Kopf der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, sowie der NPD-Mitbegründer Adolf von Thadden.

An die Zeitung gliederte der NPDler Dehoust 1976 das „Hilfskomitee Südliches Afrika“ (HSA) an. Alljährlich veranstaltet dieses zusammen mit dem Coburger Kreisverband der „Deutsch-Südafrikanischen Gesellschaft“ (DSAG) sogenannte „Südafrika-Seminare“. Die im Kuratorium der DSAG versammelten CDU- Bundestagsabgeordneten Böhm (Hessen), Köhler (Niedersachsen) und Stercken (Nordrhein-Westfalen) sowie die CSU-Europaparlamentarier Pirkl und Otto von Habsburg scheinen sich an dieser Allianz nicht im geringsten zu stören.

Der jetzt verhaftete Kemp war Stargast des 16. Südafrika-Seminars am 4. und 5.April 1992 im Coburger Hotel „Goldene Traube“. Neben ihm kam Karl Spiess, der Coburger Vorsitzende der Deutsch-Südafrikanischen Gesellschaft, zu Wort. Spiess übersetzte auch Kemps Rede für die Mai-Ausgabe 1992 der Nation+Europa. Darin plädiert Kemp für eine „Mischung von Gewalt und Verhandlungen“, um zu einer Schaffung eines weißen Volksstaates in Südafrika zu gelangen. Er hält es für „die einzig realistische Chance“, die Verhandlungen über die Zukunft Südafrikas „durch Gewalteinsatz zu zwingen, einen weißen Volksstaat unter massivem Druck zu akzeptieren“. Die weißen Afrikaner hätten „die Kraft und wohl auch die Entschlossenheit, eine chaotische Lage im Lande zu schaffen“, aus der es dann nurmehr einen Ausweg geben könne, nämlich den der „Anerkennung eines Afrikaaner- Volksstaates“.

Auf dem vorhergehenden Südafrika- Seminar im Herbst 1991 war Andries Treurnicht, Chef der südafrikanischen Konservativen Partei, zu Gast und referierte über „Die Weltgeschichte als Völkergeschichte“. Die CSU-Bundestagsabgeordneten Otto Regenspurger und Ortwin Lowack schickten zu diesem Anlaß ihre Grußbotschaften. Ex-Repler und Europaabgeordneter Harald Neubauer leitete die abschließende Podiumsdiskussion.

Der Chef der südafrikanischen Sektion des „World Apartheid Movement“ (WAM), Coos Vermeulen, hat inzwischen angekündigt, sämtliche Anwaltskosten für die Inhaftierten mutmaßlichen Mörder von Hani zu übernehmen. Auf einer vor einem Jahr von der südafrikanischen Polizei gefundenen Liste der ausländischen Freundesorganisationen dieser „Weltapartheidbewegung“ tauchen auch Namen bundesdeutscher Rechtsextremisten auf: Darunter befinden sich Guido Bartz, ein in Oldenburg bekannter Aktivist der militanten „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP) und des mittlerweile verbotenen „Deutschen Kameradschaftsbundes“, sowie der wegen Rädelsführerschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung zu 13 Jahren Haft verurteilte Manfred Roeder, der im Februar 1990 vorzeitig aus der Haft entlassen wurde.