Sanktionen und ihr Nutzen

■ Die bisherigen Sanktionen gegen Restjugoslawien wurden nicht umgesetzt – mit bizarren Ausnahmen

Genf (taz) – Falls der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić am Wochenende nicht doch noch den Vance/Owen-Plan unterzeichnet, tritt am Montag die vor einer Woche beschlossene Resolution 814 des Sicherheitsrats über eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Restjugoslawien in Kraft. Ob und wie bald dies Auswirkungen auf die Kriegführungsfähigkeit der bosnischen Serben hat, hängt vor allem von der Durchsetzung ab. Die bisherigen, im Mai 92 verhängten Sanktionen sind weder von westlichen noch von östlichen Staaten ernsthaft umgesetzt worden, vor allem nicht hinsichtlich strategischer Güter wie Öl, Munition und Waffen. Nach Feststellung des bundesdeutschen Zollkriminalamtes gab es seit Juni letzten Jahres 186 Verletzungen des gegen Serbien und Montenegro verhängten Handelsembargos sowie 57 Verstöße gegen das für ganz Exjugoslawien gültige Waffenembargo durch deutsche Unternehmen. Der kulturelle oder wissenschaftliche Kontakt zwischen Deutschen und Serben hingegen wird von der Bundesregierung resolut unterbunden.

Während die bisherigen Sanktionen lediglich den Warenhandel mit Serbien und Montenegro untersagten, sollen mit den neuen Maßnahmen auch sämtliche über die international nicht anerkannte „Bundesrepublik Jugoslawien“ laufende Trasitlieferungen unterbunden werden. Ausgeschlossen von den Sanktionen bleiben lediglich Nahrungsmittel und Medikamente. Im Ausland befindliche Transportmittel aus Serbien und Montenegro wie Lkws, Schiffe und Flugzeuge sollen beschlagnahmt, Firmen stillgelegt und Devisenguthaben eingefroren werden. Der Sicherheitsrat verzichtete auf die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs der EG-Außenminister, der die Unterbindung aller Kommunikationslinien vorgesehen hatte, da diese Form der Isolierung die Spielräume der Oppositionskräfte in Restjugoslawien noch mehr verengen würde.

Publikationsverbot für Serben

Weder die bisherigen Sanktionen noch die künftigen verlangen die Maßnahmen, die vor allem die deutsche Bundesregierung rigoros so durchsetzt. Bereits im letzten Jahr schloß Bonn das Goethe-Institut in Belgrad sowie eine Druckerei in Frankfurt, wo die Deutschlandausgabe einer gemäßigt oppositionellen Zeitung für hier lebende SerbInnen hergestellt wurde. Inzwischen dürfen in Deutschland auch keine serbischen AutorInnen mehr publiziert werden. Das jüngste Opfer ist der Belgrader Philosophieprofessor Mihailo Djurić, dem die Publikation eines Beitrages über den inzwischen verstorbenen deutschen Philosophen Friedrich Kaulbach verwehrt wurde. Djurić war mit Kaulbach befreundet und arbeitete 40 Jahre lang mit ihm zusammen – unter anderem während seines Exils in Deutschland im Jahre 1974. Nachdem der serbische Professor den erbetenen Beitrag für das Buch geschrieben hatte, erhielt er im März dieses Jahres eine schriftliche Mitteilung von Kaulbachs ehemaligem Assistenten Professor Volker Gerhart. Sein Beitrag könnte „aus Rechtsgründen“ nicht gedruckt werden. In einem Antwortschreiben nannte Djurić die Streichung seines Beitrags einen „schamlosen Akt gegen Philosophie und Humanität“ und verzichtete ausdrücklich auf die versprochene Zusendung des Buches, die „dann ja sicher auch ein Verstoß gegen das UNO-Embargo“ sei. Andreas Zumach