Ein Loch ist im Eimer, oh Theo, oh Theo

■ Solidarpakt: Neue Beratungen zwischen Bund und Ländern um Deckungslücke in Höhe von jährlich 4,5 Milliarden Mark / Biedenkopf: „Die Kuh ist vom Eis“

Bonn (taz) – Im Streit um den „Solidarpakt“ sind Bund und Länder offenbar weitgehnd entgegengekommen. Nach einem Spitzengespräch im Kanzleramt sagte der säcshische Ministerpräsident Biedenkopf (CDU): „Die Kuh ist vom Eis.“ Die Finanzierungslücke von 4,5 Milliarden Mark soll vom Bund mit zwei Milliarden gestopft werden. Darüber hinaus sollen weitere Einsparungen vorgenommen werden. Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Bei der Aufschlüsselung der Mehrwertsteueranteile soll es bei einem Länderanteil von 44 Prozent bleiben. Diese Ergebnisse müssen noch mit den anderen Beteiligten endgültig abgeklärt werden.

Kurzfristig war gestern eine kleine Runde mit Kanzleramtschef Friedrich Bohl (CDU) und Bundesfinanzminister Waigel (CSU) für den Bund sowie die Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU/Sachsen) und Rudolf Scharping (SPD/Rheinland-Pfalz) für die Länder zusammengekommen. Seit einer Woche stritten Bund und Länder nicht mehr nur über interne Vermerke darüber, wer wieviel zu zahlen hat und was am 13. März bei der Solidarpaktklausur eigentlich vereinbart worden ist. Ab 1995 sollen jährlich 55,8 Milliarden an die neuen Länder gehen.

Für eine Deckungslücke von 4,5 Milliarden schiebt der Bund den Ländern inzwischen die Verantwortung zu. Konsens im März, behauptet Theo Waigel, sei es gewesen, die Tranferlast des Bundes auf 51 Milliarden zu begrenzen. Das bestreiten die Länder ebenso wie die Forderung aus dem Hause Waigel, die Länder hätten für 16,8 Milliarden geradezustehen. Sie errechnen aus den Klausurbeschlüssen als Länderlast (für die alten Länder) nur 13,7 Milliarden. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen und kleinerer strittiger Punkte summiert sich zu den fehlenden 4,5 Milliarden.

Theo Waigel hatte den Ländern gedroht, den Mehrwertsteueranteil der Länder auf 42,5 Prozent zu senken, während sich die Länder auf die Vereinbarung berufen, nach der sie künftig 44 Prozent erhalten sollen.

Waigel interpretiert dies lediglich als „Richtgröße“, die Länder bestehen darauf, daß hier ein „Eckwert“ festgelegt worden sei. In der veröffentlichten Vereinbarung tauchen die 44 Prozent in einer Fußnote auf. Danach steht der Bund/Länder-Anteil an der Umsatzsteuer nur dann wieder zur Disposition, wenn das Einsparziel von 9,2 Milliarden nicht realisiert werden kann.

Unbestreitbar ist inzwischen allerdings, daß das mühsam ausgehandelte Zahlenwerk die wirklichen Kosten nicht decken kann. Die Kosten der Arbeitslosigkeit und die Steuereinnahmenverluste wurden offenbar unrealisitisch eingeschätzt. Zusätzlich drang gestern durch, daß im Finanzministerium darüber diskutiert wird, 90 Milliarden weniger für das Gesamtvolumen des Solidarpakts zur Verfügung zu stellen. Tissy Bruns