Soundcheck

■ Suzanne Vega / Phillip Boa

SOUNDCHECK

Gehört: Suzanne Vega. Viele ihrer Gäste betüterte Suzanne Vega am Samstagabend im CCH mit Songs, die von den Schwierigkeiten handelten, nicht den Jungen sondern den Mitbewohner von der nächsten Tür zu erreichen. Dabei steht ihr Gesang für Sonnenaufgänge, die Instrumentierung ihrer Stücke für die langen Frühstücke, deren sozialer Integrationskraft mal WG-Mitglieder vertrauten. Auch an poetischen Wendungen, an milde-ironische Schilderung der eigenen Ausdrucksmöglichkeiten mangelte es keinem der Lieder: „Mein Schreien verhallt zu schnell, mein Flüstern klingt aufdringlich und meine lakonisch bereiteten Anekdoten versteht niemand“, so klingt ihr Credo. Sie scheint auf sich geworfen, ausgerüstet nur mit viel Zeit, ihrer Existenz und einer Schachtel After Eight. So singt sie über den Mann, der die Sängerin einst nach der Pflanze fragte, als der er der Welt entgegentreten könnte. Verständig beklatscht und begleitet von einer versierten Band, streute Vega weitere fremde, seltsame und bekömmliche Begebenheiten aus. Ein Feierabend zur betulichen Erbauung unter Ausschluß der privaten Fernsehsender: Suzanne Vega ist NDR 3. Kristof Schreuf

Heute abend: Phillip Boa. Phillip Boas hervorstechendes öffentliches Wesensmerkmal ist seine uncharmante Art. Wie verdorbenes Essen wälzt er sich im Magen der Medien mit arrogant-knappen Antworten herum, die weniger von Popstar als von beleidigter Leberwurst sprechen. Auch der sichtbare, schön gestaltete Teil der Musik auf seinem neuen Album Boaphenia wird immer weiter von seinem depressiven Yuppietum beatmet. Selbst seine von viel britischem Kompositionsgefühl bewohnten, internationalen Rocknummern (etwa „Love On Sale“) brechen fast unter seinem Gesang zusammen. Einem Gesang, der sich permanent dafür zu rechtfertigen scheint, daß Boa eben aus Dortmund und nicht aus Manchester kommt. Auch die aufgeplusterte Verzweiflung mit der er versucht, ein deutscher Kult zu sein – etwa mit einem Plattentitel wie Boaphenia oder albernen Abkanzelungen von anderen deutschen Bands – verbreitet langsam ein Spinnennetz von Loosertum über ihn. Daß Boa scheinbar nur sich selbst aber nicht sein Publikum liebt, hat ihn bis jetzt noch nicht über den Bühnenrand in die Bierpfützen stürzen lassen. Noch nicht. tlb

Docks, 21 Uhr