„Immer liebevoll behandelt worden“

■ Eltern und Mitarbeiter wehren sich gegen die Vorwürfe ehemaliger Eltern / „Privatkrieg zu Lasten unserer Kinder“

Berlin. Die von einer Initiative ehemaliger Eltern gegen die Kindertagesstätte Anhaltspunkt e.V. erhobenen Vorwürfe (siehe taz vom 5.4.) haben nun auch die Eltern, die ihre Kinder noch dort haben, auf den Plan gerufen. Auf ihre Initiative fand am Freitag abend im Bolivar-Saal der Staatsbibliothek eine Diskussion zwischen zufriedenen und anklagenden Eltern, beider Rechtsanwälte sowie ehemaligen und heutigen Mitarbeiterinnen statt. Beide Seiten sollten die Möglichkeit haben, Vorwürfe vorzubringen beziehungsweise darauf zu reagieren.

Die anklagenden Eltern wiederholten ihre Vorwürfe, in denen es vor allem um Körperverletzung, Einschüchterung und Verletzung der Aufsichtspflicht ging. Ihrem Kind sei während des Essens von einem anderen mit der Gabel in die Wange gestochen worden, sagte Beata Haji. Dabei habe sie mehrfach im Vorfeld darauf hingewiesen, daß es zwischen den beiden Kindern zu Auseinandersetzungen gekommen sei.

„Meine Tochter wurde gewürgt oder zumindest so hart am Hals angefaßt, daß ich die Druckstellen noch tagelang sehen konnte“, bestätigte auch Gahfour-Sahely Davood. Nach der Darstellung der Kita-Leiterin sei die Mutter am besagten Tag mit ihrer Tochter schwimmen gegangen, obwohl diese schon morgens erhöhte Temperatur gehabt habe. Nach dem Schwimmen habe sie Grippe und einen steifen Hals bekommen. „Ich weiß definitiv, daß die Hortleiterin das nicht getan hat“, wies Kita-Leiterin Heike Griepentrog die Vorwürfe zurück.

Die Eltern, die ihre Kinder noch im Anhaltspunkt betreuen lassen, reagierten mit Empörung auf diese Vorwürfe. Sie seien oft genug in der Kita, um die Verhältnisse dort beurteilen zu können. „Ich komme auch, wenn niemand vorher davon weiß, weil ich mithelfe“, sagte Mutter Kerstin Heinze. „Ich habe zwei Kinder in dieser Kita in voller Verantwortung, was ich ihnen zumuten kann und will. Sie aber unterstellen uns Eltern, daß wir die Menschenwürde unserer Kunder nicht achten“, sagte Heiner Klös.

Eine Mutter berichtete, sie habe im letzten Jahr sechs Wochen ganztägig in der Kita ausgeholfen und habe gesehen, wie mit den Kindern in Konfliktsituationen umgegangen werde. Die Hortleiterin sei nicht einmal hart oder laut geworden. „Sie nahm die Kinder erst liebevoll in den Arm und erklärte ihnen dann, worum es ging.“ Eine Erzieherin sagte, sie selbst hätte ihre Kinder in der Kita gehabt. „Und ich sollte Zeugin von so etwas geworden sein?“ Sie sei in den zehn Jahren, die sie im Anhaltspunkt war, immer liebevoll behandelt worden, sagte ein 16jähriges Mädchen. Sie habe nie gesehen oder gehört, daß ein Kind angeschrien, an den Ohren gezogen oder gar geschlagen und gewürgt worden sei.

Immer wieder tauchte von seiten der zufriedenen Eltern die Frage nach den Zielen auf, die die Gegenseite mit ihrer „Kampagne“ verfolge. „Ich habe mein Kind nicht mehr in der Kita, ich habe kein eigenes Interesse mehr“, erklärte Ghafour-Sahely. Man wolle den Kindern helfen, die noch im Anhaltspunkt betreut würden. Dagegen wiederum verwahrten sich die Eltern, die ihre Kinder in der Kita für gut betreut halten. Sie wüßten immer noch am besten, was für ihre Kinder gut sei. „Es geht hier um einen persönlichen Privatkrieg gegen zwei Mitarbeiterinnen, der zu Lasten unserer Kinder geführt wird“, vermutete Vater Konrad Zwingmann-Schulze.

Da es auf beiden Seiten wiederholt zu tumultartigen Gefühlsausbrüchen kam, kam es in keinem Punkt zu einer Klärung. Kaum jemand konnte seine Ausführungen ungestört beenden. Nach der Diskussion im Saal ging es noch eine gute Stunde vor den geschlossenen Türen der Staatsbibliothek weiter.

Die Kita-Aufsicht der Jugendsenatsverwaltung ist weiterhin mit der Prüfung der Vorwürfe befaßt. Noch fehlten von einigen der anklagenden Eltern die Zusicherungen, ihre schriftlich eingereichten Beschwerden auch vor Gericht zu wiederholen, sagte Pressesprecher Thorsten Schilling. Corinna Raupach