Der Geburtstagstreffer

In einem verhuschten Spiel gewinnt eine europapokalschlappe Borussia aus Dortmund beim sonnenfaulen Hamburger SV mit 2:1  ■ Aus Hamburg Claudia Thomsen

Sonnabend, 26 Grad in Hamburg. Während die betuchteren Hanseaten auf der Alster ihre Segel hissen, um kreuzend dem gegenseitigen Versenken zu entgehen, oder in den schattigen Passagen um den Gänsemarkt flanieren– hier gibt es die Badehosen für 250 Mark –, versammelt sich das gemeine Volk am Volkspark. 43.800 sind es, die an den staubigen Stadtrand pilgern, um der Begegnung mit den Europacup-Finalisten aus Dortmund beizuwohnen. Auch die 8.000 angereisten, trotz Hitze konsequent bekutteten Fans der Gelb-Schwarzen sind die 346 Kilometer vom Westfalenstadion hergereist, um zwischen den Spielen des deutschen Eishockeyteams gute fußballerische Unterhaltung zu kosten. Wären doch alle zusammen Eis essen gegangen!

Die Dortmunder Mannen wirkten ob ihres Marathons vor vier Tagen noch leicht ermattet, auch Matthias Sammer, obwohl der doch in Auxerre gar nicht mittat. Die Hamburger, aller Europapokal-Belastungen sowieso ledig, waren nicht nur nicht frischer, sondern auch noch desorientiert. „Sie vermochten das taktische Spiel der Dortmunder nicht aggressiv zu stören“, nannte das hernach HSV- Coach Benno Möhlmann. Was er meinte, war wohl, daß die Seinen, auf der Alster segelnd, etliche Jollen zum kentern gebracht hätten. Allen voran Yordan Letchkov, dessen Fehlpässe lediglich zum Versenken der eigenen Schiffe tauglich gewesen wären. Deshalb mußte zwangsläufig Dortmunds Kapitän Michael Zorc nach Beginn der zweiten Halbzeit im Abstand von zwanzig Minuten zwei Tore erzielen, wobei nicht einmal das erste aufs Publikum so aufregend wie die lauwarme Limonade wirkte.

Die folgenden ausführlichen Mittelfeldtändeleien brachten auch keine Erfrischung, für die sorgte aber unerwarteterweise Dortmunds Michael Schulz nach einem Foul an Thomas von Heesen: Wollte er sich bei seinem Gegenspieler entschuldigen, indem er sich, als beide nebeneinander auf dem Rasen ruhten, auf den Gefoulten legte und dort ein Weilchen verblieb? Gab er dem blonden von Heesen gar einen Tüschi? Die versammelte Fachjournaille jedenfalls war verwirrt. [Wir erst recht! Was zum Teufel ist ein Tüschi? D. Red.] Thomas von Heesen wohl auch, er patzte im direkten Anschluß beim Kopfball, der daraufhin über den Kasten von Keeper Stefan Klos segelte. Der hanseatische Torsteher Richard Golz fühlte sich wenig später so bedrängt, daß er einen Rückpaß blind abwehrend direkt vor die Füße von Michael Zorc kickte, der sich nicht lange bedankte und Golz das Geschenk volley zurückgab. Da jubelten erneut die Dortmunder, die während der gesamten Partie akustisch ohnehin die einzigen Akzente setzten. Und selbst beim übermäßig bescheidenen Zorc kam Selbstlob auf: „Ich war schon ein wenig der Matchwinner.“ Aber halt nur ein wenig, den Rest erledigte der HSV.

Den unspektakulären Anschlußtreffer erzielte der sonst sehr glücklose, wie ungekochte Spaghetti auflaufende Karsten Bäron in der 85. Minute. „Er wirkt – negativ ausgedrückt – oft unbeholfen, deshalb freue ich mich jetzt besonders, daß ihm dieser Treffer auch noch heute, an seinem 20. Geburtstag, gelang“, kommentierte HSV- Coach Benno Möhlmann hernach gütig Karsten Bärons Einsatz und ergänzte mit Blick auf Ottmar Hitzfeld: „Ihr wart spielerisch und im Aufbau einfach besser!“

Klare Analyse, verhuschtes Spiel. Und so langweilig es war, so schnell war es auch zu den Akten gelegt: „Wenn die Bremer gegen die Bayern gewinnen, sind wir wieder an der Spitze dran“, war Michael Zorc schon früh ganz woanders.

Borussia Dortmund: Klos - Grauer - Schmidt (46. Lusch), Schulz - Kutowski, Sammer, Zorc, Rummenigge (79. Karl), Poschner, Franck - Chapuisat

Zuschauer: 43.500

Tore: 0:1 Zorc (56.), 0:2 Zorc (76.), 1:2 Bäron (87.)

Hamburger SV: Golz - Rohde - Kober (64. Spies) - Spörl (72. Bester), Letschkow, Hartmann, von Heesen, Babbel, Eck - Bäron, Furtok