Betr.: unterm strich

In allerletzter Sekunde hat der 59. internationale PEN-Kongreß, der, wie berichtet, diesmal in Form eines „losen Literatentreffens“ über die Bühne ging, doch noch die Kurve in Form einer politischen Färbung gekriegt. Nachdem der PEN-Vorsitzende György Konrad, entgegen allen guten Vorsätzen, den „literarischen Weg“ verlassen hatte und Schuldzuweisungen für die Angriffe gegen Dubrovnik äußerte, meldete sich sein Generalsekretär Alexandre Blokh ebenfalls zu Wort. In einem von der kroatischen Presse veröffentlichten Interview machte er die Serben für die Eskalation des Konflikts verantwortlich. Ein Ausweg aus der Krise im ehemaligen Jugoslawien hält Blokh erst mit dem „Ende des kommunistischen Chaos“ für möglich. Offensichtlich, so räsoniert jedenfalls dpa, hat das Ambiente der zerstörten „Perle der Adria“ zu guter Letzt doch noch auf einige der Teilnehmer gewirkt.

Ein loses Literatentreffen findet unter dem Titel „Tunnel über der Spree“ derzeit auch in Berlin statt. Als Versuch deutscher Annäherung nach dem Mauerfall ins Leben gerufen, soll es zur ständigen Einrichtung werden. Rund 30 Schriftsteller und Literaturkritiker nehmen seit Freitag am dritten Treffen im Literarischen Colloquium in Berlin teil, das, nach Auskunft von Mitinitiator Hans Christoph Buch, Gelegenheiten des „kollegialen Gesprächs unter Freunden“ bietet. Zu den Teilnehmern gehören dieses Jahr unter anderen Friedrich Christian Delius, Yaak Karsunke, Katja Lange-Müller, Monika Maron und Bodo Morshäuser. Die Begegnung beruft sich auf eine Tradition aus dem vorigen Jahrhundert. Dem 1827 gegründeten literarischen Sonntagsverein „Tunnel über der Spree“ hatten seinerzeit auch Theodor Fontane, Adolph Menzel, Emanuel Geibel und Paul Heyse angehört.

Im Zeichen des Zusammenrückens und -wachsens steht auch die Meldung über die bevorstehende Vereinigung der deutschen Shakespeare-Gesellschaften. Zunächst beschloß die Weimarer Gesellschaft die Aufnahme ihres westlichen Pendants aus Bochum als Zweigverein. Dem stimmte die Bochumer Mitgliederversammlung beherzt zu, gestern sollte schlußendlich ein paritätisch besetzter Vorstand für die Übergangszeit von drei Jahren gewählt werden. Immerhin hat sich damit die älteste literarische Gesellschaft der Welt nach 30 Jahren wieder zusammengefunden.

Unseren Vereinsreigen beschließt heute die Gesellschaft für deutsche Sprache, die ihren Lebenszweck in der „Pflege einer zeitgemäßen und wissenschaftlich begründeten Sprache“ erfüllt sieht. Seit Freitag tagte sie zwecks Festlegung einer Position gegenüber der Kultusminister- und Bundesinnenministerkonferenz am 4. Mai in Dresden. Kernpunkte der Diskussion waren mal wieder die Vorschläge für eine einfachere Groß- und Kleinschreibung.