■ Der Prozeß um das „La Belle“-Attentat ist geplatzt
: Die Hintergründe bleiben verdeckt

Geheimdienstler der verschiedensten Länder dürfen erleichtert aufatmen: Der Prozeß um den Sprengstoffanschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ ist geplatzt. Perdu ist damit auch der Anlaß, die dubiose Rolle der Nachrichtendienste bei dem Attentat auch nur annähernd einmal auszuleuchten. Daß der Anschlag unter den Augen der DDR-Staatssicherheit und der von ihr informierten Staatsführung geplant, organisiert und schließlich durchgeführt wurde, ist aus den Akten des untergegangenen Mielke-Imperiums hinreichend belegt. Völlig offen ist dagegen, wieweit etwa der Berliner Verfassungsschutz oder der US- amerikanische Geheimdienst CIA im Vorfeld des Anschlages informiert, wenn nicht sogar involviert waren. Immerhin verfügten beide über Informanten, die in das Netz des libyschen Volksbüros in Ost-Berlin eingeschleust waren.

Auf dem Höhepunkt der Konfrontation zwischen Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi und der US- Administration ließ Präsident Ronald Reagan zehn Tage nach dem Anschlag in Berlin seine Luftstreitmacht einen Vergeltungsschlag gegen militärische Einrichtungen in den libyschen Städten Tripolis und Bengasi fliegen. Die von ihm lauthals verkündeten Beweise für eine Urheberschaft Gaddafis blieb er damals schuldig. Die Libyen-Connection wurde zwar immer wieder behauptet – bis zur Öffnung der Stasi- Archive blieb sie aber unbelegt. Jahrelang tappten auch die Westberliner Fahnder im dunkeln. Mangels Beweisen stellten sie 1988 sogar das Ermittlungsverfahren ein. Sollte sich herausstellen, daß die Reagan- Administration ihr Wissen um die libysche Schlüsselrolle bei dem Attentat durch ihren Geheimdienst bereits vor dem Zeitpunkt der Bombenexplosion erlangt hatte, dann kommt man zu der Frage, wie präzise war sie informiert und wenn, was hat sie getan, um den Anschlag zu verhindern? Am Ende muß man auch fragen, ob der Anschlag auf die Diskothek vielleicht ein nur willkommener Anlaß war, einen militärischen Schlag gegen den verhaßten Gaddafi zu führen.

Vor einem Berliner Gericht werden sich diese Fragen auf jeden Fall nicht klären lassen. Selbst wenn das Verfahren im Herbst erneut eröffnet werden sollte, kann die Strafkammer allenfalls eruieren, welchen Tatbeitrag der Angeklagte Imad Mahmoud bei der Vorbereitung des Anschlages zu verantworten hat. Daß die Geheimdienstler kein Interesse daran haben, zur Aufklärung des Attentates beizutragen, liegt auf der Hand. Sie müßten dazu ihre eigene Verstrickung offenlegen. Die wahren Hintergründe des Anschlages werden also im dunkeln bleiben. Wolfgang Gast