Doppeldeutige Absage

■ Anke Fuchs SPD-Fraktionsvize? Heidemarie Wieczorek-Zeul will mehr

Bonn (taz) – Absage von Heidemarie Wieczorek-Zeul: Sie will nicht stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende werden. In einem Brief an Fraktionschef Hans-Ulrich Klose erklärte sie, die Frauen sollten die Fehler der Männer nicht machen. Es gehe nicht darum, „wenige in möglichst vielen Ämtern, sondern möglichst viele Frauen an möglichst vielen entscheidenden Positionen“ unterzubringen. Mit dem bescheidenen Verzicht stellt Wieczorek-Zeul jedoch gleichzeitig einen klaren Anspruch. Denn wenn Herta Däubler-Gmelin, wie von ihrer Fraktion vorgeschlagen, demnächst Verfassungrichterin wird, sucht die SPD nicht nur eine neue Fraktionsstellvertreterin. Auch der Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden müßte im November neu besetzt werden. Wieczorek-Zeul ist gegen die Verklammerung der beiden Funktionen und nimmt das Parteiamt ins Visier.

Mitte letzter Woche hatte Däubler-Gmelin mit Blick auf das Karlsruher Amt endgültig auf eine neue Fraktionskandidatur verzichtet. Die parlamentarische Linke präsentierte umgehend Wieczorek-Zeul, die als ehemalige Juso- Chefin, Europa-Expertin, Bezirksvorsitzende von Hessen-Süd und Präsidiumsmitglied zum engen Kreis der profilierten und einflußreichen Frauen in der Fraktion gehört. Die Kandidatur wäre zwar nicht sicher, aber aussichtsreich gewesen. Mit Anke Fuchs, Jahrgang 1937, die in der sozialliberalen Ära Karriere machte und schließlich SPD-Bundesgeschäftsführerin wurde, hob der Seeheimer Kreis die Gegenkandidatin aufs Schild. Sie könnte nun die einzige Bewerberin bleiben, denn unter den jüngeren Fauen scheint keine aussichtsreiche Bewerberin in Sicht. Der Sprecher der parlamentarischen Linken, Detlev von Larcher, („Eine linke Frau muß sein“) kündigte zwar unverdrossen erneute Kandidatinnensuche an. Doch weder die Abrüstungsexpertin Katrin Fuchs, die bereits abgewinkt hat, noch Technologie-Sprecherin Edelgard Bulmahn oder Lilo Blunck drängen sich ins Amt. Für Ulla Schmidt, Sprecherin der Gleichstellungs-Arbeitsgruppe der Fraktion, ist zunächst entscheidend, daß der Posten wieder von einer Frau besetzt wird. Sie prophezeit Anke Fuchs ein gutes Ergebnis, allerdings hätten unter den Fraktionsfrauen viele gewünscht, daß mit der Personalentscheidung ein „Neuanfang“ sichtbar wird. Die Quote hätte der Fraktion einen neuen Schwung an neuen Frauen gebracht, aber über die Hälfte durchlaufe jetzt eben die erste Wahlperiode. Aber bis zum 5. Mai, so Ulla Schmidt gegenüber der taz, sei praktisch alles offen. Denn bis zu diesem Termin läuft die Kandidatinnenfrist. Gewählt wird der neue Fraktionsvorstand am 11. Mai.

In der Fraktion ist der Kreis von Frauen, die einer größeren Öffentlichkeit bekannt sind, tatsächlich sehr klein. Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt scheidet als bayerische Parteichefin und Spitzenkandidatin für Fraktionsposten aus. Ansonsten ist ihre Parteikarrierre sicherlich nicht am Endpunkt angelangt. Tissy Bruns