Pendeln mit dem Bummelzug

■ Bundesbahn streicht D-Züge nach Bremerhaven / „Morgens keine Verschlechterungen“ / Bremen abgehängt?

Das „Unternehmen Zukunft“ treibt die PendlerInnen zwischen Bremen und Bremerhaven von der Schiene auf die Straße. Mit Einführung des Sommerfahrplans am 23. Mai streicht die Bundesbahn zwei D-Zug-Verbindungen von Bremen nach Bremerhaven und ersetzt sie durch langsamere Eilzüge. Die PendlerInnen überlegen sich nun, wieder auf das Auto umzusteigen, sagt Dieter Ansorge, Bremerhavener SPD- Stadtverordneter und Sprecher der Bremer Oberfinanzdirektion — und deshalb Berufspendler zwischen den Städten.

„Im Grunde bleibt das Angebot gleich — 30 Züge in 24 Stunden in beiden Richtungen“, sagt Klaus Kopka von der Bundesbahn. Gestrichen werden sollen die D-Züge um 15.45 Uhr und 17.45 Uhr, dafür soll ein D-Zug um 17 Uhr fahren, ansonsten gibt es E-Züge. Während D-Züge für die 62 Kilometer nach Bremerhaven 36 Minuten brauchen, benötigen die Eilzüge knapp eine Stunde. „Das ist ein Zugeständnis an den Großraumverbund“, sagt Kopka. Weil D-Züge für den Fernverkehr bestimmt seien, sollen täglich nur noch vier davon fahren und die Strecke bis Luxemburg und Saarbrücken bedienen. Auf das Zugangebot will Kopka nichts kommen lassen: „Morgens gibt es keine Verschlechterungen. Nur die Straßenbahn fährt öfter.“

Die Eilzüge der Bahn sind für Ansorge dagegen nur „Bummelzüge“. „Das ist wirklich schlimm, die Leute zahlen für ihre Plätze, stehen die ganze Zeit und kommen sich blöd vor. Die Züge sind jetzt schon so voll, daß die Leute ans Umsteigen denken. Sie wollen sich zusammentun und wieder Auto fahren.“ Politisch sei längst erkannt, daß die Bahn Vorfahrt haben solle, aber die Bahn selber durchkreuze diese Absichten.

Als „unfreundlich und unbefriedigend“ hat der Bremerhavener Oberbürgermeister Karl Willms die Reaktion der Bundesbahndirektion auf den Protest seines Magistrats bezeichnet: Sachzwänge für die Entscheidung der Bahn seien nirgends deutlich geworden. Auch das Bremer Wirtschaftsressort wendet sich gegen die Streichungen. In einem Schreiben des Hauses heißt es, es könne nicht das Ziel sein, „Bürger, die die Bundesbahn benutzen, zum Autofahren zu veranlassen“ oder „Bremerhaven im Schienenpersonenverkehr abzukoppeln“. Durch Gespräche mit der Bundesbahn wollte die Wirtschaftsverwaltung auf eine Änderung der Streichungspläne hinwirken, doch zum Sommerfahrplan ist da nichts mehr zu machen, meint Andreas Freytag vom Wirtschaftssenator. Trotzdem wollen die Bremer ihre Position der Bundesbahn gegenüber weiter vertreten und auf eine Änderung im nächsten Fahrplan drängen. „Die ganze Richtung paßt uns nicht. Wir können nicht akzeptieren, daß Bremen Endpunkt für den Fernverkehr aus Süddeutschland sein soll und alles nördlich davon Nahverkehr.“ Der nächste Schritt, so befürchtet man beim Wirtschaftssenator, könnte dann nämlich die Verlagerung dieses Endpunktes nach Hannover und die Abkopplung Bremens vom regelmäßigen Schienenverkehr sein. Bernhard Pötter