RWE setzt weiter auf Atomkraft

■ Konzernergebnis auf Vorjahresniveau / Einbußen im Mineralöl- und Chemiegeschäft

Essen (taz) – RWE-Chef Friedhelm Gieske hat sich gestern in Essen für eine Zukunft der Atomkraft eingesetzt. Bei der Vorstellung der Jahresbilanz seines Konzerns sagte er, die Atomenergie sei „zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftszweiges und damit des Wirtschaftsstandorts Deutschland unverzichtbar.“

Die weitere Beteiligung des größten deutschen Stromkonzerns an den laufenden Gesprächen zum Energiekonsens wollte Gieske aber nicht von dieser Option abhängig machen. „Es gibt hier ein Primat der Politik.“ Man werde aber in jedem Fall versuchen, bis zur letzten Minute den Weiterbetrieb der bestehenden deutschen Atomkraftwerke zu sichern. Im Vergleich zu den Investitionen in die Atomenergie bezeichnete Gieske das Engagement der RWE in Europas größter Solarstrom- Anlage in Toledo dagegen selbst als „Peanuts“.

In Essen wurde aber auch deutlich, daß sich der Konzern – derzeit 30 Prozent Atomstromanteil – für alle Fälle auf eine mögliche Zukunft ohne Atomkraft vorbereitet. In den USA hat die RWE-Tochter Consol einen Vorvertrag unter Dach und Fach gebracht, der die Steinkohleförderung der RWE dort deutlich ausdehnt. Derzeit sei jedoch noch kein Import billigerer amerikanischer Steinkohle nach Deutschland geplant, so Gieske. Der Jahrhundertvertrag über die Verstromung der teuren deutschen Steinkohle steht aber 1995 zur Erneuerung an. Vorstandsmitglied Dietmar Kuhnt, wurde hier deutlicher: Wenn politisch kein Konsens für die Atomkraft zu erzielen sei, dann müßten eben Kohlekraftwerke auf der Basis von Importkohle betrieben werden.

Bei der Vorstellung der Bilanzzahlen gab es keine großen Überraschungen: der Gewinn bewege sich auf Vorjahresniveau, und der Umsatz sei in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs sogar leicht auf 39,55 Milliarden Mark gestiegen.

Im inzwischen größten Konzernbereich Mineralöl und Chemie (15,3 Milliarden Mark Umsatz) sei der Gewinn der Tochter DEA um 75 Prozent eingebrochen. Bei der RWE-Tochter Rheinbraun sollen bis Ende 1994 gar 1.500 Stellen abgebaut werden, und bei der Tochter Heidelberger Druck seien rund 800 Personen von Kurzarbeit betroffen. Die Stromsparte hat dagegen mit 14,3 Milliarden zum Umsatz beigetragen und ihr Betriebsergebnis sogar leicht verbessern können. Auch mehr 8,6 Prozent mehr Gas hat RWE abgegeben und insgesamt 3,58 Milliarden Mark investiert. Hermann-Josef Tenhagen