Sanktionen feuern Serben an

■ Neue Angriffe unmittelbar nach Inkrafttreten der verschärften Sanktionen gegen Serben

Belgrad (AP/taz) – Die Sanktionen der Vereinten Nationen haben die Serben nicht beeindruckt. Noch am gleichen Tag, an dem die verschärften Maßnahmen gegen Rest-Jugoslawien in Kraft traten, begannen ihre Truppen mit einem Angriff auf den nordwestbosnischen „Kessel von Bihac“. Unterstützt von Panzerverbänden, drangen – nach unterschiedlichen UN-Angaben – zwischen 150 und weit über 1.000 Soldaten aus den serbisch besetzten Teilen Kroatiens siebzig Kilometer in ein Gebiet vor, in dem rund 300.000 Menschen leben. Von allen Seiten von serbischen Truppen eingeschlossen, konnten sie in den vergangenen Monaten nur von der UNO versorgt werden.

Zugleich starteten die bosnischen Serben eine diplomatische Offensive. Der Stellvertreter Radovan Karadžićs, Nikola Koljevic, erklärte, daß es sich bei der Ablehnung des Vance/Owen-Plans durch das „Parlament“ der bosnischen Serben um keine definitive Entscheidung handle. Man habe lediglich das Ultimatum abgelehnt, das die UNO für die Annahme des Plans gestellt habe. Die endgültige Entscheidung über den Friedensplan werde aber erst bei einem Referendum Mitte Mai fallen.

Die auf eine völlige Isolierung Rest-Jugoslawiens abzielenden Sanktionen traten am Dienstag morgen gegen 6 Uhr in Kraft. Unter anderem sehen sie eine totale Seeblockade, die Einstellung der Warentransporte auf dem Landweg und zu Wasser mit Ausnahme der humanitären Güter sowie die Sperrung jugoslawischer Auslandsguthaben vor. Da einige Länder jedoch erst Gesetzsesänderungen vornehmen müssen, um die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu Serbien und Montenegro zu unterbrechen, dürften die Sanktionen nur langsam umgesetzt werden. Zudem bemühen sich Ungarn und die Ukraine bei der UNO um eine Entschädigung für die durch die neuen Maßnahmen enstehenden Verluste.

An der ungarisch-serbischen Grenze wurden die neuen Bestimmungen bisher nicht angewandt, an der rumänischen Grenze zum Sanktionsgebiet blieben für den Transport erlaubter Güter zwei Grenzstationen offen.

Vor den Folgen der Sanktionen hat am Dienstag der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes Sayn-Wittgenstein gewarnt. Sie würden die Versorgung der serbischen Bevölkerung mit Lebensmitteln verschlechtern, stets seien es die Unbeteiligten, die unter derartigen Konflikten am meisten zu leiden hätten.

Der Krieg in Bosnien ist auch Thema zweitägiger Beratungen, die die Stabschefs der Nato am Dienstag in Brüssel aufnahmen. Zunächst soll vor allem über die Friedenstruppe von etwa 70.000 Nato-Soldaten geredet werden, die im Auftrag des Weltsicherheitsrates nach Bosnien-Herzegowina entsendet würden, sollten die bosnischen Serben doch noch den UNO-Friedensplan annehmen. Die Frage gezielter Luftangriffe auf serbische Ziele stehe nicht auf der offiziellen Tagesordnung, dürfte jedoch zumindest am Rande des Treffens erörtert werden. Seiten 8 und 10