Kinoförderung '93: Am Ende eine Frage des Stils

■ Mit den neuen Richtlinien für die Vergabe von Zuschüssen an Hamburger Kinos, hat sich die Kulturbehörde nicht nur Freunde gemacht

Das erste Multiplex-Kino kommt bestimmt: Auch in Hamburg reagieren kleine Kinobetreiber zunehmend besorgt auf die Entwicklung, die die Errichtung moderner multifunktionaler Kinotempel in anderen Großstädten für die unabhängigen Kinos in Gang gesetzt hat. Eine vor allem in den 70er Jahren gewachsene Tradition innovativer Abspielstätten droht wegzubrechen. Kinoförderung heißt das Zauberwort, mit dem diese Kinokultur erhalten werden soll, mit neuen Vergaberichtlinien hat die Kulturbehörde Bereitschaft signalisiert, den Strukturwandel in der Kinolandschaft finanziell abzufedern.

Knapp 18 Millionen Mark gibt die Hansestadt für Filmförderung aus, der Löwenanteil landet dabei in der Produktionsförderung. Jede Menge Filme konnten so im Laufe der Jahre entstehen, allein die Chancen, sie auch auf der Leinwand zu sehen, sanken beständig. Zu schwierig ist die wirtschaftliche Situation vieler kleiner Kinos, statt den ambitionierten Programmen der 70er Jahre, spielt man heute vielerorts nur noch Kassenhits.

Dem soll nun abgeholfen werden, nicht nur die Filmproduktion, auch das Abspiel soll in Zukunft in verstärktem Maße Unterstützung erhalten. Bislang war dafür vor allem das Hamburger Vertriebskontor zuständig, mit dem schmalen Budget von 900 000 DM ausgerüstet, kümmerte man sich um die Förderung und publikumswirksame Präsentation von Filmen und hat sich in der Branche in den letzten Jahren einen guten Namen gemacht. Trotzdem hat sich die Kulturbehörde entschlossen, entscheidende Änderungen vorzunehmen, nicht das Vertriebskontor, sondern eine von der Behörde eingesetzte Jury soll in Zukunft maßgeblich über die Vergabe der Gelder entscheiden.

Die Hamburger Kinobetreiber sind darüber wenig glücklich. Die Stimmung ist schlecht. Niemand weiß so recht, warum in der Kulturbehörde künftig die Fäden in Sachen Kinoförderung zusammenlaufen sollen. Viele befürchten vor allem eine stärkere Bürokratisierung und Zentralisierung der Geldervergabe: „Wir wollen bei der Besetzung der Jury mit entscheiden", fordert denn auch Magazin-Chef Gerd Fölster. Und auch der Zusatz im Behördenpapier, daß die Kulturbehörde im Einzelfall (also eigentlich immer) von den Entscheidungen der Jury abweichen kann, stößt bei ihm auf Verwunderung. Zudem die Kulturbehörde die betroffenen Kino-Chefs bislang von den neuen Richtlinien nicht offiziell in Kenntnis setzte - anstatt effektiver Taten, sind in Sachen Hamburger Filmpolitik demnächst wohl erst einmal wieder verbale Auseinandersetzungen über Stilfragen fällig. Christa Thelen