Bonn spendiert Beton

Bonner Verkehrsausschuß überschüttet Hamburg mit  ■ Autobahngeschenken

Hamburgs CDU-Landeschef Dirk Fischer, im Erstberuf verkehrspolitischer Sprecher der Bonner CDU- Fraktion, jagte die Jubelmeldung gestern direkt aus dem Sitzungszimmer am Rhein, kaum war der Tagesordnungspunkt Hamburg „abgehakt“: Zwölf teils gigantische Autobahnprojekte für Hamburg soll die endgültige Fassung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP 92) enthalten. Die gestrige abschließende Beratung des „Bereichs Straßenbau“ im Verkehrsausschuß des Bundestages übertrifft die kühnsten Hamburger Erwartungen in Sachen Autobahnausbau und -neubau.

Den Aufstieg in den Planerhimmel des „vordringlichen Bedarfs“ haben unter anderem geschafft: Die Elbmarschenautobahn A 26 (Cuxhaven-Elbtunnel), die vierte Elbtunnelröhre, die Hafenquerspange (A 252) sowie eine Vielzahl von Autobahnverbreiterungen um je zwei Spuren, so bei den Autobahnen Hamburg-Bremen und Hamburg- Lübeck. Schon bei der Aufstellung des BVWP im April 1992 durch das Bundesverkehrsministerium hatten die Hamburger Planer Betonklötze gestaunt: Verkehrsminister Günter Krause hatte sogar von Hamburg gar nicht beantragte Projekte in sein Konzept mit hineingepackt.

Von dieser generösen Haltung wich gestern auch die CDU/CSU/ FDP-Mehrheit im Verkehrsausschuß des Bundestages nicht mehr ab und ließ sich dabei auch von der SPD nicht beeindrucken, die das Geschenk der A 26 im Alten Land gar nicht haben wollte. Fischer hochzufrieden: „Der Bundesverkehrswegeplan ist ein großer Erfolg für Hamburg. Die SPD ist mit ihrer Verweigerungspolitik hinsichtlich der A 26 gescheitert.“

Einziger Wermuthstropfen: Die Aufnahme der 4. Elbtunnelröhre in den „vordringlichen Bedarf“, der höchsten Dringlichkeitsstufe für Straßenprojekte des Bundes, ist an eine private (Vor-)Finanzierung gekettet. Die problematische Finanzierung teilt die Elbtunnelröhre nicht nur mit Krauses Putzfrau: Schon im April 1992 mußte Krause einräumen: „Eine erhebliche Lücke entsteht im Zeitraum 1995 bis 2005 im Rahmen der Finanzierung mit regulären Haushaltsmitteln.“ Fachleute bezifferten das Krauseloch im 500 Milliarden Mark großen BVWP '92 gar auf mehr als 30 Prozent. Mit den spendierfreudigen Beschlüssen von gestern ist dieses Loch nicht kleiner geworden, zumal sich die Bonner Finanzlage insgesamt inzwischen dramatisch verschärft hat. Finanzexperten rechnen mit einem Offenbarungseid von Bundesfinanzminister Theo Waigel, wenn im Mai und im November neue Steuerschätzungen vorliegen.

Finanzspezialist Krause weiß, wie immer, einen Ausweg: Private (Vor-)Finanzierung. Die jedoch, so hat der konservative Wissenschaftliche Beirat des Verkehrsministeriums mehrfach betont, kommt den Staat schlußendlich sogar noch teurer.

Florian Marten