Bayr. Retourkutsche rollt weiter

■ Münchner Medienanstalt hält an Klageabsicht gegen die Vox-Lizenz fest / Sat.1 in NRW unter Druck

Die Bayern bleiben eisern. Obwohl der für Vox zuständige Länderausschuß der Medienanstalten alle Verdachtsmomente gegen den Kölner Privatsender ausgeräumt sieht, mäkelt die Bayerische Landesanstalt für neue Medien (BLM) weiter am Lizensierungsverfahren durch Nordrhein-Westfalens Genehmigungsbehörde, die LfR. Die Münchner Kontrolleure halten weiter an ihrer Absicht fest, gegen die Vox-Lizenz zu klagen.

Vor drei Wochen waren die Gesellschafter des Kölner Privatkanals in akuten Zugzwang geraten. Anteilseigner Holtzbrinck geriet in Verdacht, in einer Art Treuhänderverhältnis Prozente für die Bertelsmanntochter Ufa zu halten. Und das, obwohl die Ufa ohnehin schon an der als konzentrationsrechtlich bedenklich definierten magischen Marke von 25 Prozent liegt. Für die Bestätigung des Verdachts drohten Strafmaßnahmen bis zum Lizenzentzug.

Am vergangenen Freitag verlangte der für Vox zuständige Länderausschuß der Medienanstalten aus Nordrhein-Westfalen, Saarland, Hessen und Bremen von Vox-Geschäftsführer Staake und seinen Gesellschaftern Klarheit. Holtzbrinck und Ufa legten daraufhin die wiederholt angemahnten Vollständigkeitserklärungen vor und beteuern damit, daß es keine unbekannten Abmachungen der Gesellschafter gibt. Die Konzerne händigten den Privatfunkkontrolleuren zwar nicht die beiderseitigen Vereinbarungen ihrer Unternehmen aus – die Manager fürchteten eine Veröffentlichung. Doch die Medienaufseher aus Hamburg (für Konzentrationsfragen zuständig) und aus Düsseldorf (Vox-Lizenzgeber) durften die Unterlagen wenigstens einsehen. Fazit der beiden: Die Papiere besäßen „keine medienrechtliche Relevanz“.

Vorläufige Klärung gab es auch über die 4,5 Prozent an Vox, die derzeit noch von der Mittelständlergruppe MUK gehalten werden. Ende vergangenen Jahres war der Süddeutsche Verlag bei Vox eingestiegen und hatte sich dafür eine Option gesichert. Diese Übernahmemöglichkeit wurde nun erneut verlängert, vorerst bis Ende Mai. Bereits Mitte April hatte die Ufa auf ihr Recht verzichten müssen, den Vox-Geschäftsführer bestellen zu dürfen.

Für Wolf-Dieter Ring, Präsident der Münchner BLM, dennoch kein Grund zur Entwarnung. Vor Gericht wird gegen die bayerische Genehmigungspraxis derzeit von den Kollegen der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) geklagt. Es geht um die Verflechtungen der Kirch-Familie beim Deutschen Sportfernsehen (DSF). Der angegriffene Ring konterte und kündigte vor zwei Wochen eine Klage gegen die Vox-Lizenz an. Der Vorstoß soll vor allem die Grundsatzfrage beantworten, ob eine Medienanstalt gegen eine andere klagen kann. Ring beschwert sich aber auch über unterschiedliche Maßgaben bei den Lizenzverfahren. Mit Eifer verweist der BLM-Chef auf den jüngsten Klärungsvorstoß bei Sat.1 in NRW. Akribische Nachfragen zur Verbindung Kirch–Springer und seitenlange Aktenanforderungen enthalte der Fragenkatalog der Düsseldorfer LfR, sagt Ring und vermißt diese Intensität bei der Behandlung von Vox. Der Bayer will wegen „Ungleichbehandlung“ klagen. Nach einer Sitzung des LfR- Ausschusses für landesweite Programme am Dienstag ist nun klar, daß die Kirch-Gruppe und der Springer-Verlag bei Sat.1 künftig zusammen nicht mehr als 49,9 Prozent der Kapital- und Stimmrechtsanteile halten dürfen. Sie sollen ihre Anteile reduzieren. Nur unter dieser Voraussetzung wäre eine Verlängerung der terrestrischen Sat.1-Sendelizenz im bevölkerungsreichsten Bundesland möglich, hieß es gestern von der LfR. Die Beteiligungen seien zusammenrechenbar, da die Kirch- Gruppe außerdem 35 Prozent plus eine Aktie an der Springer-Verlag AG besitze und damit indirekt über einen unerlaubt hohen Einfluß auf Sat.1 verfüge. Die Lizenzentscheidung fällt am 10. Mai. Christoph Heinzle