Der lange Weg zur schnellen Einbürgerung

■ Schon 250.000 Unterschriften für doppelte Staatsbürgerschaft / Bundestag debattiert heute SPD-Entwurf / CDU beharrt auf „Blutrecht“

Berlin (taz) – „Die doppelte Staatsbürgerschaft entspricht der doppelten Seele eines Immigranten. In mir entspricht die deutsche Staatsangehörigkeit dem alltäglichen Leben und die syrische meiner Sehnsucht.“ Der Wunsch, den der Schriftsteller Rafik Shami mit diesen Worten ausdrückt, wird nach einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts heute schon von 60 Prozent aller InhaberInnen deutscher Pässe unterstützt. 250.000 Unterschriften für erleichterte Einbürgerung und die Möglichkeit, auch zwei Staatsangehörigkeiten zu besitzen, hat eine überparteiliche Initiative seit Februar gesammelt. Die taz unterstützt mit ihrer heutigen Ausgabe die Aktion, die sich zum Ziel gesetzt hat, im Herbst eine Million Unterschriften an Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth zu übergeben: ein taz-typischer Kettenbrief soll möglichst weit gestreut und zum Sammeln von Unterschriften genutzt werden.

Eine Viertelmillion Unterschriften sind bisher zusammengekommen. Sie werden noch nicht ausreichen, um die heutige Bundestagsdebatte zum Thema entscheidend zu beeinflussen. Dort wird in erster Lesung ein SPD-Antrag behandelt, der den Besitz zweier Pässe möglich machen soll. Die FDP wird einen ähnlichen Entwurf unterstützen, den ihr Fraktionsmitglied Cornelia Schmalz-Jacobsen, zugleich Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, formuliert hat. Absehbar ist jedoch, daß beide Entwürfe am Widerstand der CDU/CSU-Fraktion scheitern werden.

Die einzige Möglichkeit, zu einer parlamentarischen Mehrheit zu kommen, sehen Politiker wie der SPD-Abgeordnete Freimut Duve in einem überfraktionellen sogenannten „Gruppenantrag“, wie er sich bei der Reform des § 218 durchsetzte. Duve fordert in einem Kommentar für die taz „jetzt die Reform des Einbürgerungsrechts – als Signal gegen Rassismus“. Auch Bündnis 90/ Die Grünen kündigten gestern an, sie würden sich bemühen, einen Gruppenantrag auf den Weg zu bringen. Grundlage dafür soll der Gesetzentwurf der Ausländerbeauftragten Schmalz-Jacobsen sein, sagte Grünen-Geschäftsführerin Heide Rühle gestern. Dieser Entwurf will das „Bodenrecht“, nach dem in Deutschland geborene automatisch die hiesige Staatsbürgerschaft erhalten, gleichrangig neben das „Blutrecht“, das den deutschen Paß nach Abstammung zuerkennt, setzen. Rühle betonte, eine Reform müsse noch dieses Jahr kommen. Sonst gehe das Thema im Parteiengezänk des Wahljahres unter.

Der saarländische Landtag hat sich gestern mit großer Mehrheit für die grundsätzliche Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Bundesinnenminister Seiters (CDU) dagegen beharrte in einem Interview weiter darauf, „im Grundsatz sollten doppelte Staatsbürgerschaften vermieden werden, weil sie zu Loyalitätskonflikten, Rechtsunsicherheiten und vermindertem Auslandsschutz führen können.“ Kommentar Seite 10, Informationen und

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