Der Skandal um die Wurst

■ Rund um den Centre Court des Hamburger Rothenbaums / VIPs, Currywürste und Eis

Wer soll das bezahlen. Turnierdirektor Sanders macht sich schwer Gedanken über die soziale Verträglichkeit einiger Preise auf dem gelände des Hamburger Rothenbaum. Kaum den Nimbus einer doch etwas elitäreren Sportart entronnen, soll Tennis weiterhin volkstümlich bleiben. „Fünf Mark für eine Currywurst, das ist zuviel“, beschied der Funktionär des Deutschen Tennisbundes und verspricht im kommenden Jahr mehr Einfluß auf die Preisgestaltung der Restauration zu nehmen.

Das Wurstprodukt verzeichnet eh keinen großen Imsatz beim diesjährigen Tennisspektakel. Die Freßmeile für den gewöhnlichen Zuschauer, ein Zeltkonstrukt namens Rothenbaum-Passage, ist fast so unbevölkert, wie das Areal des Deutschen Tennisbundes während der restlichen Wochen des Jahres.

Selbst der Bereich der so richtig wichtigen Personen, die separierte Spielwiese der VIPs sozusagen, ist trotz freier Kost und Getränke, weniger gefüllt als in den Vorjahren. Langeweile also für die in graue Kostüme gesteckten Hostessen. „Ein richtiger VIP hat sich hier noch nicht sehen lassen“, äußerten sich die Angestellten einer Berliner Agentur. Statt dessen reichlich Kostgänger von den sich selbst reichlich präsentierenden Firmen. Angestellte, denen man für ein paar Tage mal eine Alternative zum Kantinenessen bieten möchte.

Für wahre Liebhaber des Tennissports ist das Frauenturnier allenfalls eine Gelegenheit sich auf

1dem Gelände zu orientieren, wie unlängst der ebenfalls sponsorenden Tageszeitung „Die Welt“ zu entnehmen war. Eine Probe für den Ernstfall, der in der kommenden Woche eintritt — die German Open der Männer.

Die Currywurst der diesjährigen Meisterschaft einer Uhrenfabrik ist Eis amerikanischer Rezeptur. Süß, kalorienreich und für schlappe drei Mark an zahlreichen Ständen zu erwerben. Das Wetter verdirbt also

1den Currywurstwucherern ihr mieses Geschäft.

Die ungewöhnlichen Temperaturen sorgen zudem für lange Gesichter bei einigen Sponsoren. Durch die zahlreichen Regenpausen des letzten Jahres verwöhnt, hoffte ein japanischer Elektromulti auch diese Jahr darauf, zahlreiche Kunden in ihr Ausstellungszelt zu locken. Doch die Sonne. das Eis, die Aussicht auf ein kühles Getränk, ein dösiges Sonnen auf dem Centre

1Court bereitet dem den Garaus.

Inmitten der Trägheit des Centre Courts macht sich zuweilen eine wohl an solcherlei Wetter gewöhnte Gruppe italienischer Tennishools bemerkbar. Fern jedweder bürgerlicher Contenance feuern sie ihren Star an: die Brühlerin Steffi Graf, die am Mittwoch Hamburger Waisenkindern handsignierte Eintrittskarten im Wert von 20 000 Deutschen Mark überließ.

kader