Weg von den Almosen für die Kriegsgebiete

■ Eine Reise durch Bosnien und Kroatien zeigt Qualitäten und Tücken der Hilfe in den vom Krieg zerstörten Gebieten / Bedarfsgerechte Hilfe zur Selbsthilfe ist gefragt

Berlin. Über die Verwendung der Spendengelder aus Berlin berichtete jetzt Bosiljka Schedlich, Leiterin des Süd-Ost-Europa Kultur Zentrums, vor dem Plenum „Frauen gegen Gewalt“. Auf ihrer zweiwöchigen Reise durch Kroatien und Bosnien besuchte sie verschiedene Hilfsprojekte, Schulen und Krankenhäuser und überbrachte weitere Spenden.

In Dubrovnik, wo 20.000 Flüchtlinge leben, organisiert das Frauenforum Dubrovnik Handarbeitsprojekte für einheimische und Flüchtlingsfrauen. Von den 3.000 Mark, die beim Süd-Ost-Europa Kultur Verein als Spenden eingegangen waren, wollen sie für die Frauen Unterwäsche kaufen, weißen Baumwollstoff, aus dem sie ihre traditionelle Kleidung fertigen können, und Wolle für die Webstühle. Mit dem Kauf werden die wenigen Betriebe unterstützt, die in der Region überlebt haben.

Zwei jungen Journalistinnen, die schwerstverwundet aus Sarajevo herausgeschmuggelt wurden, kamen 1.000 Mark einer Berliner Ärztinnengruppe zugute. Sie können sich nun die notwendigen Operationen leisten. Von den 7.520 Mark, die die Tegeler Frauenorganisation „Flotte Lotte“ gespendet hatte, gingen 2.000 an eine Zahnarztambulanz, die sieben Orte in der Nähe von Split versorgt. 5.520 Mark landeten auf dem Konto des Roten Kreuzes für die Unterstützung von Frauenprojekten, den Kauf von Wäsche, Gemüsesamen und Werkzeug für Gartenarbeit.

Für die Flüchtlingskinder aus Sarajevo, die in einem Hotel in Split wohnen, konnte ein Schulunterricht eingerichtet werden. Unbürokratisch überwies die Berliner Frauenorganisation Scheherazade postwendend 4.000 Mark, mit denen der Hotelkeller gemietet werden konnte. Da das Geld nur für einen Monat reicht, werden weitere Geldgeber für die Miete gesucht.

Die Hilfe aus den westlichen Ländern hat auch ihre Tücken. Ein Dorflehrer zeigte Schedlich die zerkratzten und vollgeschmierten Möbel, die eine Schule aus Lyon ausrangiert und geschickt hatte. Er sei schon dankbar dafür, aber wenn man ihm nur das Benzingeld überwiesen hätte, hätte er selbst neue gebaut. Von den Kleiderspenden, die beim Frauenforum in Dubrovnik eingegangen sind, sind oft die Knöpfe das Wertvollste. Jetzt verstricken 20 Frauen die aufgetrennten Wollsachen und weben Flickenteppiche aus den Lumpen. Nicht nur Lebensmittel seien oft verdorben. Auch die dringend benötigten Medikamente hätten häufig das Verfallsdatum schon überschritten und könnten schließlich nur noch entsorgt werden.

„Wir müssen von den Almosen wegkommen und begreifen, daß man die Leute dort noch einmal bestraft, wenn man Abfälle dorthin schickt“, sagte Schedlich. Die Hilfe solle die Leute befähigen, auf eigenen Füßen stehen zu können. Auch solle sie sich an dem feststellbaren Bedarf orientieren und mit den offiziellen bosnischen und kroatischen Stellen koordiniert werden. Corinna Raupach