■ Das Portrait
: Bruno Manser

Einst schlich der Mann, bekleidet nur mit Lendenschurz und Kopfschmuck, lautlos durch den Dschungel. Der Schweizer Bruno Manser lernte die ungeschriebenen Gesetze des Urwaldes von seinen Freunden. Und ihre Sprache, ihre Kultur und vor allem ihren tiefverwurzelten Respekt vor der Natur.

Mansers Freunde sind die nomadischen Penan im malaiischen Bundesstaat Sarawak auf Borneo. Sechs Jahre lebte der heute 38jährige bei ihnen. Statt einer „swatch“ schlägt dort die Natur den Zeittakt: Die Route der Wildschweinherden und der Standort von Sagopalmen bestimmen den Tagesablauf.

Irgendwann wurde Bruno Manser vom Knattern einer Motorsäge geweckt. Die Holzfäller waren da, die immer tiefere Wunden in die Penan-Wälder schneiden. Mehrfach organisierten die Ureinwohner seit 1987 gewaltfreie Straßenblockaden, Manser erlebte sie als Zeuge mit. Aber nirgendwo fällt der Regenwald so schnell wie in Sarawak. Bruno Manser verließ 1990 die Penan, um zu Hause für sie zu kämpfen.

hier Foto Nr. 21

Foto: Fritz Berger

Heute sehen die Freunde gemeinsam dem Tod ins Auge. Die Penan unfreiwillig. Ihr Regenwald lagert in den Häfen von Hamburg, Rotterdam und Tokio. Sie werden die Zerstörung ihrer traditionellen Siedlungsräume nicht überleben. Manser hat freiwillig seinen letzten, vielleicht stärksten Trumpf eingesetzt: das eigene Leben. Seit mehr als 60 Tagen hungert er vor dem Parlamentsgebäude in Bern gegen den Völkermord. Retten kann ihn nur noch die Schweizer Regierung, wenn sie seine Forderung erfüllt: sofortiger Stopp von Holzimporten aus Sarawak. „Ich muß bis ans Ziel gehen“, sagt Manser. Den Umständen entsprechend fühle er sich noch gut. Die Umstände aber sind: ein mittlerweile lebensbedrohender Gesundheitszustand.

„Sobald der Westen Holz aus Sarawak boykottiert, wird Malaysia die Penan-Gebiete schützen. Schon um das restliche Holzgeschäft nicht zu gefährden“, ist Manser überzeugt. Bonn? Bern? Da sitze der Politikertyp, der Völkermord duldet. Ein Pontius Pilatus der Neuzeit. Bruno Manser versucht ihm die Waschschüssel zu entreißen, damit er die Hände zum Handeln frei hat. Weil sich bisher kein Finger gerührt hat, ist Manser zum Sterben bereit. Dabei hat die Welt den Gandhi des Regenwaldes so bitter nötig – lebend. Werner Paczian