Endstation Transitraum

■ Parteien wollen auch die letzte Möglichkeit für die Einreise von Asylsuchenden dichtmachen

Frankfurt/Main (taz) – Er heißt Dieter Wiefelspütz und ist der „Asylrechtsexperte“ der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), deren Mitglieder in den Jahren der Naziherrschaft weltweit Asyl suchten und fanden. Zusammen mit „Asylrechtsexperten“ von CDU/CSU und FDP und Vertretern aus dem Innen- und dem Justizministerium hat der Sozialdemokrat Wiefelspütz in der sogenannten Asylrunde am Mittwoch abend einen Beschluß mit verabschiedet, der garantieren soll, daß demnächst kein Flüchtling mehr in Deutschland Asyl finden wird: Die Koalitionsparteien und die SPD wollen jetzt auch die Flughafentore vor den Flüchtlingen fest verschließen und auf dem Weltflughafen in Frankfurt/Main – auf exterritorialem Gebiet – ein Auffanglager für Asylbewerber errichten. Bis zu drei Wochen lang sollen solche Flüchtlinge dort festgehalten werden, die ohne gültige Papiere Asyl suchen oder aus sogenannten sicheren Drittstaaten kommen. Die „Asylrunde“ hat denn auch gleich den Katalog der „sicheren Drittstaaten“ erheblich ausgeweitet: neben den bereits festgelegten osteuropäischen Ländern gelten jetzt auch die afrikanischen Staaten Gambia, Ghana und der Senegal als „frei von Verfolgung“. Kontrovers sei nur die Aufnahme Indiens in den Katalog der „sicheren Drittländer“ diskutiert worden, erklärte der „Asylrechtsexperte“ der CDU, Erwin Marschewski. Damit, so Marschewski, seien jetzt alle strittigen Fragen für die neue Asylgesetzgebung geklärt, und einer Verabschiedung im Bundestag am 13. Mai stünde nichts mehr im Wege.

In Hessen hat die Nachricht vom vorläufig letzten Akt im Schauspiel „Asylkompromiß“ für Empörung bei den Koalititionsfraktionen SPD und Grüne gesorgt. Der Vorsitzende der Landtagsfraktion der SPD, Lothar Klemm, der sich bereits vor Monaten für die Einrichtung einer Erstaufnahmestelle für AsylbewerberInnen am Frankfurter Flughafen eingesetzt hatte, um die permanent überfüllte Zentrale Aufnahmestelle des Landes Hessen in Schwalbach „entlasten“ zu können, lehnte die Schaffung eines exterritorialen Lagers entschieden ab: eine derartige Forderung aus Bonn erscheine „geradezu fahrlässig“. Für die Grünen im hessischen Landtag sagte der Fraktionsvorsitzende Rupert von Plottnitz, daß mit der Einrichtung einer exterritorialen Unterkunft am Flughafen der Artikel 16 des Grundgesetzes „praktisch und faktisch abgeschafft“ werde. Noch schreibe der Artikel 16 auch in seiner geänderten Fassung vor, daß Anerkennungsanträge auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland gestellt und entschieden werden müssen. Vom sozialdemokratischen Koalitionspartner erwarten die Grünen ein entschiedenes Veto zu den Beschlüssen auf Bundesebene – und einen Appell an die Bundestagsfraktion der SPD auf Revision der Beschlüsse, wie Fraktionssprecherin Elke Cezanne auf Nachfrage erklärte. Die SPD-Präsidiumsfrau und Vorsitzende des SPD-Bezirks Hessen-Süd, Heidemarie Wieczorek- Zeul, behielt sich gestern eine Stellungname noch vor. Zunächst, so ließ sie über ihr Büro mitteilen, wolle sie sich mit den Details der neuen Asylvereinbarungen vertraut machen. Kpk

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