Lauter, aber teurer und unnützer

■ Der Transrapid sieht im Vergleich zum ICE schlecht aus

Berlin (taz) – „Das erste Verkehrssystem, das speziell dafür entwickelt wurde, die Umwelt zu schonen, ist der Transrapid.“ So steht es geschrieben in einer Werbebroschüre von Thyssen Henschel. Daß die Planer ihr Ziel aber gründlich verfehlt haben, weisen drei Hannoveraner Studenten für Landesplanung nach. Axel Jacobs, Heinrich Regnery-Meyer und Matthias Waselowsky haben in einer Projektarbeit den Transrapid mit dem ICE verglichen und kommen zu dem Ergebnis, daß der schnelle Schienenzug für die dichtbebaute Bundesrepublik nicht nur verkehrspolitisch und wirtschaftlich sinnvoller ist als der Transrapid, sondern daß der Transrapid auch ökologisch in fast allen Bereichen schlechter abschneidet.

„Leise ist er, sympathisch leise“, behauptet die Betreibergesellschaft der Transrapid-Versuchsstrecke im Emsland, MVP. Tatsächlich macht der Transrapid bei einem Tempo von unter 300 Stundenkilometern knapp 29 Prozent weniger Krach als sein Konkurrent. Aber die Annahme hinkt insofern, als er ja wesentlich schneller fahren kann und soll, nämlich zwischen 400 und 500 Kilometern pro Stunde. Vergleicht man die beiden Züge bei den Geschwindigkeiten, für die sie gebaut sind, übertönt die Magnetschnellbahn ihren konventionellen Bruder bei weitem, nämlich um 62 bis 121 Prozent. Mit Werten von über 100 dB (A) ist der Transrapid so laut wie ein Preßlufthammer – und den würde wohl niemand als leise bezeichnen. Hinzu kommt, daß die Stelzenbahn kaum durch Lärmschutzanlagen abgeschirmt werden kann und eine wesentlich breitere Schneise beschallt als ein ebenerdiges Verkehrsmittel.

Der Transrapid „verbraucht bei gleicher Geschwindigkeit etwa 30 Prozent weniger [Energie] als die ohnehin schon sehr sparsame Eisenbahn“, behauptet Thyssen. Auch hier haben die drei Studenten entdeckt, daß bei der Rechnung gemogelt wurde. Denn während die Betreiber den Energieverbrauch pro Sitzplatz berechnen, schlagen die Studenten die Quadratmeterzahl als Bezugsgröße vor; es sei nämlich kaum anzunehmen, daß der teurere Transrapid seine KundInnen tatsächlich enger zusammenpferchen werde als der ICE. Und bei dieser Berechnungsgrundlage sieht die Bilanz für den Magnetflitzer wesentlich schlechter aus: bei 200 Stundenkilometern verbraucht er 39 Prozent mehr Energie, bei 300 km/h sind es immer noch 5 Prozent.

„Der Transrapid schwebt auf umweltfreundlichen Wegen. Sein Fahrweg paßt sich flexibel der Landschaft an – nicht umgekehrt“, behauptet Thyssen. Die Magnetbahn kann nicht nur Steigungen von zehn Prozent überwinden, sondern hat bei 300 Stundenkilometern auch geringere Kurvenradien als ihr Schienenbruder. Nutz- und Schutzgebiete können so angeblich geschont werden, weniger Tunnel und Wälle seien notwendig, behaupten die Betreiber. Auch hier haben die Transrapid- Fans ihr Lieblingskind schöngerechnet. Denn die Magnetbahn soll ja mehr als 300 Kilometer in der Stunde schaffen – und dafür braucht sie sogar wesentlich mehr Platz als ein ICE bei Höchstgeschwindigkeit.

Fazit: Die Werbemanager haben gute Arbeit geleistet, die Techniker haben das Klassenziel verfehlt. Setzen. Sechs. Annette Jensen