■ Kommentar
: Neues Mekka Hannover

KOMMENTAR

Neues Mekka Hannover

„Der nationale Rausch wird verfliegen. Die ökologischen und sozialen Probleme werden in den Vordergrund rücken, und dann wird es heißen: Welche politische Konstellation wird das Modernste anbieten für die 90er Jahre?“ Als Prophet Gerhard Schröder im November 1990 diese These vor kleinem feinem Hamburger SPD-Publikum zum Besten gab, kannte er die Antwort schon: „Unsere rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen, das ist eine Konstellation, die wird vier Jahre und mehr gehen und bringt die Leute und politischen Kräfte zusammen, die etwas bewegen wollen und können.“

Als einziger der SPD- Nordland-Fürsten hat Machtmensch Schröder die politischen Grundströmungen der Republik richtig eingeschätzt, während sich das Trio Engholm, Voscherau und Wedemeier noch innovationsfeindlich an absoluten Mehrheiten labte. Irrtum, die Herren: Das Wahlvolk strafte Wedemeier mit der Bremer Ampel, Engholm verhedderte sich in seiner Unlust, klaren Kurs zu steuern, und Voscherau zittert vor dem Wahltermin 1995.

Nach Engholms Absturz wird Norddeutschlands SPD-Geschichte in Hannover und nicht mehr in Kiel, Hamburg oder Bremen geschrieben. Der Abgang des betulichen Aussitzers Engholm eröffnet neue Chancen. Die pragmatische Heide Simonis kann jetzt zeigen, was frau drauf hat, die SPD-ModernisiererInnen in Kiel, Hamburg und Bremen verspüren Rückenwind.

Schröder hatte schon im November 1990 frech verkündet, ein rot-grüner Norden mit Filialen in Hessen und Brandenburg werde einst mit vereinter „Nordpower“ gegen den Bonner CDU-Staat ziehen und so Keimzelle eines neuen „Modell Deutschland“. Mit U-Boot-Käptn Schröder auf der Kommandobrücke, versteht sich. Der Pilgerzug der SPD-Karriere- Matrosen wird jetzt so richtig einsetzen. Armer Voscherau: Wer sich jetzt erst bei Schröder lieb Kind machen will, den bestraft das Leben... Florian Marten