Wedemeier vor SPD-Vorstand geladen

■ Krisensitzung im Rathaus / SPD-Chef Kunick: Stadtwerke-Geld war für Bremen gedacht

Die Bürgerschafts-Fraktionssitzung der SPD sollte sich gestern mit dem Rücktritt des Stadtwerke- Ausschuß-Vorsitzenden Reinhard Barsuhn befassen — nach kurzer Zeit wurde sie allerdings überstürzt abgebrochen: Bürgermeister Wedemeier, Fraktionschef Dittbrenner und SPD-Landesvorsitzender Kunick zogen sich zur Beratung im engsten Kreise ins Rathaus zurück. Die Abgeordneten blickten den dreien vom Fenster der Bürgerschaft aus verdutzt nach. Was in der Krisensitzung verhandelt wurde, war bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren.

Grund der panischen Unterbrechung der Fraktionssitzung: Konrad Kunick hatte gegenüber buten&binnen erklärt, er gehe davon aus, daß die Stadtwerke- Spende in Bremen bleiben sollte und daß Bremer SPD-Genossen die Hände im Spiel gehabt hätten. Wedemeier erfuhr dies nicht durch seinen Parteivorsitzenden, sondern durch die Nachfragen des buten&binnen-Redakteurs — und stürzte entsprechend erbost in die Fraktionssitzung. Dort war gerade besprochen worden, daß für die SPD das Ausschußmitglied Christian Weber als neuer Ausschußvorsitzender vorgeschlagen werden soll. In SPD-Kreisen wurde gestern nachmittag alles für möglich gehalten — bis hin zu einer „persönlichen Erklärung“ Wedemeiers.

Am Montag vormittag hatte alles im kleinen Kreise des geschäftsführenden Landesvorstandes der SPD undramatisch angefangen: Die fünf Spitzengenossen hatten versucht, die Vorgänge des Juni/ Juli 1992 zu rekonstruieren. Alle beteuerten, von einem Zusammenhang zwischen SPD-Kredit und Stadtwerke-Spende nichts Genaues zu wissen. Und so konzentrierte sich das Gremium auf die Aufklärung der Frage, wann wer den Bremer Schatzmeister nach Bonn geschickt hatte, um die Rücküberweisung des Stadtwerke-Geldes zu erbitten.

Ob das am 17.6.92 im Rahmen einer Sitzung über die Finanzlage der Bremer SPD war - und folglich dem Landesvorstand am 19.6. verschiegen wurde-, ob das erst am 22./24.6. war im Rahmen der Fraktionsvorbesprechungen — Peter Sakuth wußte nicht mehr genau zu sagen, wann er davon erfahren hatte. Klar blieb: Am 25.Juni hatte Sakuth es seinem UB-Vorstand berichtet. Am 9.Juli 1992 hatte Schatzmeister Heiner Erling dieses Thema dann in Bonn angesprochen. Erst Wochen später will der Stadtwerke-Chef Czichon diese Entscheidung getroffen und Erling darum gebeten haben.

Konrad Kunick hatte am vormittag eher moderierend gewirkt. Da alle Mitglieder des geschäftsführenden Landesvorstandes den Verdacht hatten, daß es einen Zusammenhang zwischen der Stadtwerke-Spende und dem Wahlkampf-Kredit der Bonner SPD gebe, verabredete das Gremium, die Spitze der Wahlkampf-Leitung aus dem Jahre 1991 zur ordentlichen Vorstandssitzung heute nachmittag zu laden — Klaus Wedemeier, Ilse Janz, Geschäftsführer Hendryk Marckhoff. Peter Sakuth gab Kunick noch den guten Rat, doch bei der Befragung Wedemeiers Zurückhaltung zu üben, um den Eindruck zu vermeiden, er wolle alte Rechnungen mit Wedemeier begleichen — Kunick hatte, als er im Dezember 1991 von Wedemeier nicht mehr in den Senat berufen wurde, von einer „Furche“ zwischen sich und dem Bürgermeister geredet.

Kunick wiederholte gestern im geschäftsführenden Landesvorstand nur seine Erklärung vom vergangenen Freitag, daß jetzt die Wahrheit auf den Tisch müsse. Beobachter halten es für denkbar, daß er sie kennt und den Betroffenen die Chance geben will, sie selbst zu sagen.

Nach Informationen der taz hat schon im Dezember 1991 eine Stadtwerke-Sekretärin bei der Bremer SPD angerufen und gefragt, auf welches Konto sie denn das Geld überweisen solle. Die Stadtwerke haben auch schon im März 1991 bei der Bremer SPD angerufen und mitgeteilt, daß eine zweite 30.000 Mark-Spende unterwegs sei. Was dies die Bremer SPD angeht, wenn das Geld doch angeblich für die Bonner SPD „wg. Energiepolitik“ gedacht ist, werden die drei Wahlkampf-Leiter heute vielleicht dem Landesvorstand erklären können. K.W.