Kripo ermittelt gegen Bundesgrenzschutz

■ BGS-Einheit soll bei 1.-Mai-Einsatz „Horst-Wessel-Lied“ gesungen haben / Augenzeuginnen erstatten Strafanzeige

Kreuzberg. Die Kriminalpolizei hat von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren gegen eine Einheit des Bundesgrenzschutzes (BGS) eingeleitet. Dies bestätigte gestern Bernd Manthey, der als Chef des polizeilichen Führungsstabes in der Nacht auf den 2. Mai den Einsatz in Kreuzberg leitete. Die BGS-Einheit soll zwischen 0.30 und 1.00 Uhr in der Oranienstraße das „Horst-Wessel-Lied“ gesungen haben (siehe taz von gestern). Eine 39jährige Kreuzbergerin und deren Nachbarin, die Augenzeuginnen des Vorfalls geworden sind, wollen heute Strafanzeige gegen die BGSler wegen Volksverhetzung erstatten.

Wie eine der Frauen der taz gestern berichtete, hätten sich etwa zwei Dutzend Bundesgrenzschützer Ecke Adalbert-/Oranienstraße „blockartig“ formiert und seien in Viererreihen Richtung Oranienplatz marschiert. Dabei, so die Anwohnerin, sangen sie „Die Reihen fest geschlossen, SA marschiert“. Sie und zwei weitere Zeuginnen seien „beinah aus dem Fenster gekippt“. Das alles sei geschehen, nachdem es in der Oranienstraße ruhig geworden sei. Zuvor war die Berliner Polizei mehrmals mit Wasserwerfern und Räumpanzern die Straße entlanggefahren, um Randalierer zu vertreiben. Die Zeugin vermutet, daß die BGSler mit dem Nazi-Lied weitere Krawalle provozieren wollten.

Nach Angaben von Einsatzleiter Manthey waren in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai in Kreuzberg und Prenzlauer Berg etwa 1.500 Polizisten und BGSler eingesetzt. Die Beamten des Bundesgrenzschutzes seien unter anderem aus Niedersachsen gekommen. Wenn die Vorwürfe der Anwohnerin zuträfen, so Manthey, „wäre das fatal“.

Gestern erhob auch der 30jährige Andreas L. Vorwürfe gegen zwei Berliner Polizisten. Kurz vor Mitternacht sei er von einem Greiftrupp ohne Vorwarnung festgenommen worden. Obwohl er sofort gesagt habe, er käme freiwillig mit und würde keinen Streß machen, sei ihm von einem Beamten der Arm auf den Rücken gedreht worden. Ein anderer habe – vermutlich mit dem Knüppel – draufgeschlagen. Die beiden Polizisten seien Samstagnacht mit in die Notaufnahme gekommen und hätten ihm dort auf Aufforderung die Dienstnummern ausgehändigt und angekündigt, er werde noch von ihnen hören: wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Die behandelnden Ärzte hätten bestätigt, daß der komplizierte Bruch so aussehe, wie wenn mit einem Knüppel auf einen verdrehten Arm geschlagen worden sei, berichtete Andreas L. weiter. Der Student, der stationär im Urban-Krankenhaus behandelt wird, kündigte eine Strafanzeige wegen Körperverletzung an. Dirk Wildt