Asylschiff nach Gröpelingen

■ Senat für Kohlehafen: Gröpelinger SPD-Mitglieder erwägen Austritt

Das Wohnschiff für 400 Asylsuchende soll „bis auf weiteres“ im Kohlehafen anlegen - das hat gestern der Senat beschlossen. Der Gröpelinger Beiratssprecher Wolfgang Rohde (SPD) war erstmal sprachlos. „Bis auf weiteres“, das könne angesichts der Bremer Finanznot doch nur „auf Dauer“ heißen, sagte Rohde endlich. Und dann, ganz ruhig: „Die Mitglieder der SPD-Fraktion werden wahrscheinlich die Partei verlassen.“ Er schätzt, daß insgesamt rund 40 Gröpelinger SPD-Mitglieder ihr Parteibuch zurückgeben werden; „die in Oslebshausen sicher auch“.

Der Hauptvorwurf des Gröpelinger SPDlers Rohde an die Mutterpartei: „Die SPD läßt ihre eigenen Positionen hinten runter fallen.“ Erst kürzlich habe die Sozialbehörde erneut festgeschrieben, daß die Gröpelinger Infrastruktur dringend verbessert werden müsse. Das bedeute auch, die Zahl der Wohnungen, die vom Sozialamt mit „Problemfällen“ belegt werden, zu verringern. Über die Hälfte aller Bremer Belegwohnungen nämlich liegen in Gröpelingen. Außerdem habe der Senat den Beirat ständig übergangen, ihn nur unter Zwang informiert und schon gar nicht an Planungen beteiligt. Deswegen hatte der Gröpelinger Beirat vor einiger Zeit aus Protest seine Arbeit eingestellt.

Als Alternative zum Kohlehafen hatte der Senat auch den Weserbahnhof erwogen, ihn dann aber aus Kostengründen abgelehnt. Wegen des Tidehubs von bis zu acht Metern müßte dieser Anlegeplatz aufwendig hergerichtet werden, erläuterte gestern Erhard Heintze, der für die Unterbringung Zuständige. 4 Millionen würde der Standort kosten — im Unterschied zu höchstens 400.000 beim Kohlehafen. Im Kohlehafen könne das Schiff direkt am Kai festmachen, man bräuchte nur kurze Zugangsbrücken kaufen. Außerdem sei der Anliegeplatz bereits bis Ende Juli fertigzustellen. Dann kommt das Schiff.

Einst hatten auch noch andere Anlegestellen auf der Liste gestanden, der Osterdeich zum Beispiel. Da hätte das Schiff aber viel niedriger sein müssen, so Heintze, weil es sonst bei bei Hochwasser nicht mehr unter der Wilhelm-Kaisen- Brücke hindurchgepaßt hätte. Außerdem hätte man bei Eisgang und Hochwasser das Wohnschiff ohnehin in den tideunabhängigen Kohlehafen schleppen müssen. Mindestens Notanlandeplatz wäre der also auf jeden Fall geworden. Dennoch soll offenbar der Standort Weserbahnhof noch eingehend geprüft werden. Davon hat jedenfalls der stellvertretende Sozialsenats-Sprecher Eckertz gehört.

Gar nicht recht äußern mochte sich gestern die Grüne Karoline Linnert zu der Standort-Entscheidung: „Wir wollen das Schiff überhaupt nicht.“ Deswegen beteilige man sich auch nicht an der Standortdiskussion. Linnert bezweifelt ohnehin, daß man in diesem Jahr 2.000 zusätzliche Plätze brauche.

cis