20mal vögeln ist genug

■ Eine kleine Anfrage brachte es an den Tag: Empfängern von Sozialhilfe stehen monatlich nicht mehr als 20 Kondome zu

Berlin. Nun haben wir sie endlich, die amtlich anerkannte Koitusfrequenz. In Berlin sollte ein Sozialhilfeempfänger, sofern er Kondome benutzt, nicht mehr als 20mal im Monat vögeln, findet die Senatsverwaltung für Soziales. Einem Rundschreiben an ihre MitarbeiterInnen in den Sozialämtern fügte sie „als Orientierungshilfe“ ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Hamburg vom März 1990 bei. Leitsatz der Richter: Es sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe, „dem Hilfesuchenden eine bestmögliche, maximale Bedürfnisbefriedigung zu ermöglichen“. Von daher sei es „ausreichend“, wenn die „gewährte Hilfe zur Familienplanung es dem Hilfeempfänger ermöglicht, etwa 20mal im Monat mit seiner Freundin ohne Risiko einer Empfängnis geschlechtlich zu verkehren“.

Als das Rundschreiben der Bündnis-90-Abgeordneten Sibyll Klotz in die Hände geriet, dräute ihr ein furchtbarer Verdacht: Unser Staat ist durch Kondommißbrauch jahrelang auf die schändlichste und unsittlichste Weise geschädigt worden. Beispielhaft dafür war in dem Schreiben der entsetzliche Fall aufgeführt worden, daß einem Leistungsempfänger „auf einem Rezept 100 Kondome verordnet wurden“. Sibyll Klotz, ihrer hohen Verantwortung für das bedrohte Allgemeinwohl bewußt, spitzte ihren Bleistift und richtete eine kleine Anfrage an den Senat: ob er seit Abschicken des Rundschreibens bereits finanzielle Einsparungen im Staatshaushalt zu verzeichnen habe? Ob er den geschilderten Fall als „Leistungsmißbrauch“ bewerte? Und ob er vielleicht sogar schon Erkenntnisse vorliegen habe, „daß mit kostenfrei verordneten Kondomen Schwarzhandel betrieben wird“?

Staatssekretär Tschoepe von der Senatsverwaltung für Soziales reagierte staubtrocken. „Sparmaßnahmen waren mit der Übermittlung des Urteils nicht beabsichtigt. Soweit feststellbar, lassen sich in diesem Hilfebereich Ermessensfehler oder Leistungsmißbrauch nicht erkennen“, antwortete er. Und, letzter Satz: „Die Stärkung verantwortlichen Denkens und Handelns ist für den Senat leitendes Prinzip in allen Politikfeldern“. Honi soit qui mal y pense. usche