■ Cash & Crash
: Auf dem falschen Fuß erwischt

Wie herrlich wäre es doch, die Kurse von morgen schon heute zu kennen. Sagenhafte Deals ließen sich da machen, die leeren Taschen gut füllen. Doch reich werden in Deutschland bleibt für heimische Anleger vorerst nur ein Traum. Die geldhungrige Regierung knapst immer mehr von den Zinsen und Renditen ab, den Rest frißt die Jahresteuerung auf. Und Gewinne an der Börse lassen sich bekanntlich nicht allein durch logisches Denken realisieren. So kann man sich meist nur an spirituelle Erleuchtungen, die Intuition oder die Anlagetips der Börsendienste halten. Die richtige Eingabe aber kommt selten, vor allem nicht in Zeiten, in denen es überall von Kassandra-Rufen nur so hallt und die Statistik seit Jahren den Beweis für die alte Börsenregel liefert, die da lautet: Stay in may and go away.

Ein Vorgeschmack auf das Sprichwort, nach dem die Anleger besser ihre Position räumen sollten, bevor sie noch mehr Geld loswerden, liefert der deutsche Aktienmarkt. Die vergangenen zwei Wochen bescherten den Börsianern die in diesem Jahr schwärzeste und damit schlechteste Börsenstrecke. Der Deutsche Aktienindex fiel ununterbrochen und schloß am Freitag mit 1.627,19 Punkten ab. Aus charttechnischer Sicht schrammte die Börse sogar haarscharf an einer Baisse vorbei.

Dabei haben die beinharten Bundesbanker, die ihre Geldpolitik neuerdings mit dem Mikrometer abmessen, gerade eine Zinssenkungsrunde in Europa eingeleitet. Daß dieses Signal die Märkte diesmal völlig kalt ließ, ist freilich kein gutes Omen. Die Konjunkturzahlen werden wöchentlich nach unten korrigiert, die schlechten Quartalsergebnisse vieler börsennotierter Unternehmen trugen den Rest dazu bei, daß die Stimmung auf dem Parkett inzwischen am Nullpunkt angelangt ist. Selbst Börsenpräsident Rolf Breuer unkte, die Kurse dürften weiter einbrechen. Doch die Tips aus dessen Haus, der Deutschen Bank, sind so launisch wie das Wetter. Noch vor einem Vierteljahr hatte DB Research für Ende April einen DAX- Stand von 1.413 Punkten prognostiziert und sich so um gut 200 Punkte vertippt.

Das Ausland gibt sich indessen schadenfroh. Die Macht der Bundesbank sei endlich gebrochen, tönte es von der britischen Insel; der Zinsabbau ließe sich nicht mehr aufhalten, stimmte der Euro-Chor bei. Die EWS-Länder, allen voran Frankreich und die Benelux-Staaten, beginnen sich langsam von der Bundesbank zu emanzipieren. Daß damit auch der Druck auf die deutsche Währung deutlich zugenommen hat, zeigte die letzte Woche: Die D- Mark mußte sogar gegenüber der schwachen Lira Federn lassen. Ein systemnotweniger Nebeneffekt, den die internationale Finanzkaravane da auslöst? Schon für den Ökonomen John Maynard Keynes hatte das teuflische Spiel der Spekulanten auch eine gute Seite: Es dient der strengen Erziehung von Regierungen und Notenbanken. Erwin Single