Brutal, zynisch, verroht

Im Fama beginnt heute die  ■ Harvey-Keitel-Retrospektive

Neben den bekannten und

großen Stars von Hollywood gibt es immer wieder einige Schauspielerinnen und Schauspieler, die zwar nur am Rande brillieren, aber aufgrund ihrer gekonnten Darstellung oder wegen ihrer außergewöhnlichen Physiognomie im Gedächtnis bleiben. Solche Menschen haben oft das Potential, zu Kultfiguren zu avancieren. Ein Beispiel dieser Gattung ist der Amerikaner Harvey Keitel, über den das Fama-Kino jetzt eine Retrospektive startet.

Bisher eher nur in Nebenrollen zu sehen, wie als verständnisvoller Polizist in Thelma & Louise oder als Zuhälter in Taxi Driver, wird er nun Ende des Monats als Hauptfigur in dem Film Bad Lieutenant zu sehen sein. In diesem Film von Abel Ferrara, der auch Die Frau mit der 45er Magnum drehte, spielt Keitel genau das, was der Titel verheißt: einen absolut verrohten, dreckigen, korrupten Cop. Eine Keitel-Parade- Rolle, die sich nach 37 Filmen verfestigen konnte. Denn der Mann mit den melancholischen Augen und dem brutalen Gesicht brilliert immer dann, wenn es einen gewalttätigen, zynischen, abgefuckten Menschen darzustellen gibt.

Die meisten Keitel-Fans fragen nicht nach dem Menschen hinter dem Schauspieler, sondern erfreuen sich stattdessen an der Fiesigkeit der dargestellten Personen. Für die Retrospektive hat Hans-Peter Jansen, Betreiber des Fama-Kinos in Lurup, denn auch nur „die dreckigen Filme genommen, in denen er dem entspricht, was er ist“, wie Jansen glaubt. Als Opener wählte er den Hexenkessel von Martin Scorsese, in dem Keitel einen Ex-Mobster spielt, der sich aus den alten Strukturen von New Yorks Little Italy zu befreien sucht (vom 6. bis 12. Mai).

Im Anschluß daran wird vom 13. bis zum 19. Mai Taxidriver, ebenfalls von Scorsese und mit Robert De Niro, zu sehen sein. Die Woche darauf läuft der Kultfilm Copkiller von Robert Faenza. Als Copkiller gibt John Lydon (alias Johnny Rotten) dort sein schauspielerisches Debüt und macht Keitel, dem Bullen, das Leben schwer. Ab dem 27. Mai werden parallel zwei Filme mit Harvey Keitel zu sehen sein, zum einen Reservoir Dogs von Quentin Tarantino, und zum anderen, als Hamburger Erstaufführung, der Bad Lieutenant. Beide Filme werden als Original mit Untertiteln zu genießen sein.

Durch Bad Lieutenant wird der Außenseiter Harvey Keitel vielleicht einem größeren Publikum zugänglich gemacht und – zwangsläufige Konsequenz einer größeren Popularität – von seinem Kultsockel geholt. Jansen, der Keitel mit der Retrospektive ein Denkmal setzen will, sieht diesem Prozeß mit gemischten Gefühlen entgegen: „Bislang hatte man diese Personen für sich selber, durch große Filme haben ihn alle Leute." Annette Bolz