Eimsbüttler Altbau wird zum Freudenhaus

■ Spekulation mit Rotlicht und Luxusmöbeln / 37 Mark pro Quadratmeter Kaltmiete / Spekulant kassiert auch noch Courtage

kassiert auch noch Courtage

Tatort Eimsbüttel. Umwandlungsparadies für Spekulanten, getreu dem Motto: Aus billiger Mietwohnung wird teures Eigentum. Doch auch ohne Umwandlungsspekulationen lassen sich im Altbaustadtteil Scheine scheffeln und angestammte Mieter vertreiben. Ein besonders breites Repertoire auf diesem Gebiet hat Gunther Rohan entwickelt. Mit Liebesdamen und Luxussanierung verdient der Immobilienhändler sich in Eimsbüttel eine goldene Nase. Nicht ganz legal: Rohan kassiert sogar noch Maklercourtage für die Vermietung seiner Wohnungen.

1990 kaufte Gunther Rohan einen Altbau am Stellinger Weg 14 mit 32 Wohnungen und einem großen Hinterhof, unter dem sich ein

1alter Schutzbunker verbirgt. Die BewohnerInnen beglückte der Eigentümer mit einem neuen Fassadenanstrich, Kunststoff-Iso-Fenstern, einer Gaszentralheizung und — als die Renovierung getan war — saftigen Mieterhöhungen von 30 Prozent. Nicht alle MieterInnen zahlten, da ein Teil der mietsteigernden Modernisierung laut Expertise eines Gutachters allenfalls Instandsetzungsarbeiten waren. Doch die zahlungsunwilligen Mieter werden nun schikaniert. So erhielt die Mieterin Karin D. als einzige Bewohnerin des Teilkomplexes 14 b weder einen Türdrücker noch eine Gegensprechanlage; zwar einen neuen Briefkasten, aber leider nicht den dazugehörigen Schlüssel.

Für den 300 Quadratmeter großen Hinterhof-Bunker suchte Rohan im Hamburger-Abendblatt für sagenhafte 3000 Mark Kaltmiete „Club oder Modell“. Offenbar erfolgreich. In der Hamburger Morgenpost bieten nun drei „sexy Frauen von 10-22 Uhr“ ihre Liebesdienste an. Für die angestammten BewohnerInnen ist der „Dreimädelbunker“ in ihrem Hinterhof ein Graus. „Ständig laufen hier Zuhältertypen über das Gelände, benutzte Präser liegen auf der Kinderspielwiese im Hinterhof und die Freier schiffen den ganzen Hof zu“, klagt eine Mieterin. „Wir haben keine rechtlichen Möglichkeiten, gegen solche Betriebe vorzugehen“, erläutert Bezirksamtsleiterin Ingrid Nümann-Seidewinkel die Untätigkeit ihrer Behörde.

Der Rohan-Clan hat offenbar Rotlicht-Routine. So beherbergte der einen Katzensprung vom Stellinger Weg entfernt liegende Altbau Sillemstraße 81 das „Studio 81“, eine horizontale Amüsierstätte, die ebenfalls in den einschlägigen Anzeigenrubriken der Mopo um männliche Besucher warb. Besitzerin dieses Objekts ist eine Sigrun Rohan. Und wer die GRI- Grundstücksgesellschaft, eine ebenfalls Gunther Rohan gehörende Firma, unter einer im GRI-Briefkopf angegebenen Telefonnummer zu erreichen versucht, bekommt eine Bandansage zu hören, die eher nach Freudenhaus als nach Immobilienfirma klingt: „Solltest Du nach dem Piepton eine nette Nachricht hinterlassen“, haucht eine weibliche Stimme dem Anrufer zu, „rufen wir Dich gerne zurück. Bis dann — Tschau, Tschau.“

Doch nicht nur mit Rotlicht und Renovierung scheffelt Rohan Geld. So wurden im Stellinger Weg 14, in dem die Mieten bislang zwölf Mark

1kaum überschritten, in den vergangenen Monaten mehrere Wohnungen frei. Für diese verlangt Rohan horrende Mieten. So inserierte er eine 70 Quadratmeter-Wohnung für 1800 Mark Kaltmiete. Um die Mietbegrenzung des Mietenspiegels zu umgehen, werden die Unterkünfte mit Bett, Tisch und Schrankwand ausgestattet. So bietet er im Abendblatt zur Zeit eine möblierte 38 Quadratmeter-Wohnung im Stellinger Weg zum rekordverdächtigen Quadratmeterpreis von 36,70 Mark an: für 1395 Mark plus Nebenkosten. Jurist Jürgen Twisselmann von „Mieter helfen Mietern“: „Es kommt immer öfter vor, daß Vermieter versuchen, die Höchstgrenzen des Mietenspiegels zu überschreiten, indem sie möbliert vermieten“.

Doch kaum jemand kann sich die Horrormieten auf Dauer leisten. Eine Mieterin: „Hier ziehen ständig neue Leute ein, die bisherige Haus-

1gemeinschaft wird durch Anonymität ersetzt“. Auch Rohans Maklerfirma bestätigt auf Anfrage, daß als potentielle Mieter der möblierten „Luxuswohnungen“ vor allem Geschäftsleute infrage kommen, „die beruflich nach Hamburg kommen, und bis die Familie nachkommt, nicht im Hotel wohnen wollen“.

Das Kalkül: Je häufiger der Mieter wechselt, umso öfter wird eine Maklercourtage fällig. Auch die kassiert Gunther Rohan. Er ist nach den Akten des zuständigen Amtsgerichts alleiniger Gesellschafter der Maklerfirma „HRI-Immobilien-Rotherbaum“, welche die Vermietung des Bordellbunkers und aller Wohnungen am Stellinger Weg 14 abwickelte. Ein einträgliches Zusatzgeschäft. So verlangt die HRI, für die Vermittlung der möblierten 38 Quadratmeter-Wohnung am Stellinger Weg allein 4010 Mark Maklercourtage vom neuen Mieter. Legal ist das nicht. Mieterjurist Jür-

1gen Twisselmann: „Eine solche wirtschaftliche Verflechtung oder Personenidentität zwischen dem Besitzer und dem Makler einer Wohnung verstößt gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz. Die Neu- MieterInnen können die von ihnen gezahlte Courtage zurückverlangen.“ Marco Carini