Anleitung zur Gründung einer BI

Anwohner wollen sich gegen Autoabgase und Straßenlärm zur Wehr setzen – Greenpeace macht aus ihnen eine Bürgerinitiative / Ein Name soll erst beim nächsten Treffen gefunden werden  ■ Von Dirk Wildt

Wilmersdorf. Der Anwalt redet eine halbe Stunde. Die zwei Dutzend Anwohner, die am Mittwoch abend vor zwei Tagen in den Wilmersdorfer „Saftladen“ gekommen sind, können den Erläuterungen über EG-Richtlinien, Bundesimmissionsschutzgesetz und Straßenverkehrsordnung kaum noch folgen. Dann fällt einer der drei Organisatoren dieses Treffens, Greenpeace-Mitglied Devadas Lapp-Zens, mit der Tür ins Haus. Man wolle eine Bürgerinitiative gründen. Der 35jährige weiß auch gleich einen Namen: „Regel – die Anfangsbuchstaben der Greenpeace-Kampagne ,Rechtsschutz gegen Luftschmutz‘“. Doch die Leute, etwa zwischen zwanzig und siebzig Jahre alt, stellen lieber Fragen zu dem Vortrag von Rechtsanwalt Wolfram Sedlak.

Ob denn der verteilte Blanko- Brief an den Polizeipräsidenten, mit dem „geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der verkehrsbedingten Lärm- und Luftschadstoffbelastung“ beantragt werden, auch von den Nachbarn unterschrieben werden dürfe, fragt eine Frau. Nein, jeder müsse den Antrag einzeln stellen, erläutert Jurist Sedlak. Ein Mitvierziger will wissen, ob abgelehnte Anträge an Greenpeace geschickt werden sollen.

Für den 23jährigen Greenpeacler Kai Laborenz ist die Frage willkommener Anlaß, auf das eigentliche Thema des Abends zurückzukommen. Der Umweltschutzorganisation wäre es „sehr angenehm“, nur konzeptionelle Beratungsarbeit zu leisten. Er und Devadas müßten schließlich neben ihrem ehrenamtlichen Engagement auch noch einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Einer Bürgerinitiative würden sie aber selbstverständlich Beratungshilfen geben, Flugblätter zur Verfügung stellen und sogar bei der Durchführung von Veranstaltungen helfen.

Trotz dieses Angebots kommt die Gründung der BI aber nicht in Gang. Der Mitvierziger redet so viel, daß andere die Augen verdrehen, und als er sich über den Zustand einer Demokratie beschwert, in der Bürger Rechtswege beschreiten müssen, um ihre Interessen durchzusetzen, reicht es einer Frau, die den Mann barsch unterbricht. „Immer noch steht an...“, versucht Lapp-Zens die Diskussion zu lenken. Und diesmal bekommt er Schützenhilfe. Vielleicht sollten sich mal jene melden, die überhaupt Interesse an einer BI haben, schlägt der Mann aus der Joachim-Friedrich-Straße vor. Drei Männer und zwei Frauen heben ihre Hand.

Der zweite Teil des Abends – die Gründung – wird dann aber doch von vier Männern und acht Frauen bestritten. Ein Termin für das nächste Treffen ist schnell gefunden, vorher will Greenpeace den neuen Initiativlern Flugblätter und Plakate zukommen lassen. Ein Mann aus der Schildhornstraße beschreibt darauf seine schlechten Erfahrungen mit Hauswurfsendungen. „Bei uns haben alle Gegensprechanlagen“, sagt er, „wie kommt man denn ins Haus rein?“ Und der Name der BI, fragt eine Dreißigjährige? „Nächstes Mal“, sagt Politprofi Laborenz und muß sich vorwerfen lassen, daß er jetzt wohl schnell nach Hause wolle. „So, ich würde sagen, das war's“, beendet Lapp-Zens die Versammlung, „danke schön.“