Lesungen zum Jahrestag der Bücherverbrennung

■ Erinnerung an den 10. Mai 1933: In Berlin wurden 20.000 Bücher vernichtet

Berlin. Die Gesellschaft für Exilforschung hat anläßlich ihrer Jahrestagung in Berlin gemeinsam mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung und dem Präsidenten der Technischen Universität Berlin, Dieter Schumann, an die Bücherverbrennung vor 60 Jahren in Deutschland am 10. Mai 1933 erinnert und in diesem Zusammenhang „mit großer Sorge“ auf „die aktuellen Ereignisse“ hingewiesen. Man wolle daher mit dieser Erinnerung „ein Zeichen setzen gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“.

Am Abend des 10. Mai 1933 wurden auf dem Opernplatz Unter den Linden in Anwesenheit von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels annähernd 20.000 Bücher verbrannt. In vielen Hochschulstädten sei man diesem Beispiel gefolgt, heißt es in der Erklärung. „Kapellen von SA und SS spielten Marschmusik, während Vertreter der Studentenschaft unter Ausrufung sogenannter ,Feuersprüche‘ die Bücher in die Flammen warfen.“ Verbrannt wurden alle Bücher, die von den Nationalsozialisten als „Schriften und Bücher der Unmoral und Zersetzung“ diffamiert wurden.

Die inkriminierten Bücher wurden aus allen öffentlichen Bibliotheken, Leihbüchereien und auch Schulbibliotheken entfernt, was offiziell als „Säuberung“ bezeichnet wurde. Insgesamt verfielen etwa 12.400 Titel der Ächtung, darunter Bücher von Albert Einstein, Thomas und Heinrich Mann, Carl Zuckmayer, Anna Seghers, Stefan Zweig, Karl Marx, Erich Kästner, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky.

Mit mehreren Veranstaltungen erinnern Schriftsteller und Schauspieler am Montag in Berlin an den Jahrestag. Für eine Lesung (Beginn 17 Uhr) am historischen Ort auf dem heutigen Bebelplatz gegenüber der Staatsoper und der Humboldt-Universität wählten die rund 20 beteiligten Autoren, darunter Stefan Heym, Jurek Becker, Friedrich Christian Delius, Marusa Krese, Ulrich Plenzdorf, Peter Schneider, Fritz-Rudolf Fries und Rainer Kirsch, Texte 1933 verbrannter und danach verbotener Literatur aus, so das Zweig-Essay „Opportunismus, der Weltfeind“ und Freuds „Das Unbehagen in der Kultur“.

„Verbrennt mich – Schauspieler lesen Texte verbannter und verbrannter Dichter“ heißt es um 20 Uhr in der Schiller-Theater-Werkstatt mit Lieselotte Rau, Walter Schmidinger, Sabine Orleans, Thomas Schendel und anderen. Die jüdische Autorin Inge Deutschkron liest zu gleicher Stunde im Zehlendorfer Nachbarschaftsheim Mittelhof aus ihrem neuen Buch „Unbequem – mein Leben nach dem Überleben“ (Beginn: 20 Uhr). Nach einer Lesung im Literaturhaus in der Fasanenstraße „Werft eure Hoffnung über neue Grenzen“ (Beginn: 20 Uhr) berichtet Gerhard Schoenberner, Leiter der „Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz“, über die Verfolgung von Schriftstellern in der Gegenwart. dpa