■ Heute starten U2 ihre gigantische Europatournee
: Singender Arsch mit Sonnenbrille

Dublin (taz) – Welche Zeitung oder Zeitschrift man seit drei Wochen auch aufschlägt, überall stößt man auf die irische Rockgruppe U2. Selbst die britischen und irischen Fernsehsender kennen kein Erbarmen, sondern strahlen immer wieder Interviews mit dem unsympathischen Leadsänger Bono („Ich bin ein Star“) aus. Das singende Arschloch – stets mit Sonnenbrille und supercoolem Gesichtsausdruck – ist so arrogant, daß es beim Zuhören wehtut.

Grund für die allgemeine Hysterie: Die vier Iren werden drei Monate lang ganz Europa mit ihren Darbietungen beglücken. Heute geht es in Rotterdam los. In Deutschland sind U2 im Juni auf der Bühne zu sehen. Freilich bietet die Band nicht nur ein profanes Rockkonzert, sondern eine „Show der Superlative“, wie es Manager Paul McGuinness bescheiden formuliert. Der Aufwand ist erstaunlich. Neben einer Lastwagenflotte für die Bühne nebst Zubehör sind zehn Busse und ein Charterflugzeug ständig unterwegs, um die Musiker und ihre 180 Handlanger von Ort zu Ort zu bringen. Die Bühne ist 80 Meter breit und 25 Meter tief. Darunter befindet sich ein Mini-Fernsehsender, der sämtliche Satellitenprogramme empfangen und während der Show auf drei gigantische Digitalwände, vier Videowände und 36 Fernsehmonitore übertragen kann. Die Empfangsantenne ist fast 40 Meter hoch und muß mit Flugzeug-Warnleuchten versehen werden.

Zur Show gehören auch elf Trabants. Zwei davon werden originellerweise an 40 Meter hohen und 40 Tonnen schweren Kränen über der Bühne baumeln. Aufgrund des Brimboriums wird die Tournee kein Geld abwerfen, fürchtet McGuinness. „Wenn wir Glück haben, schließen wir ohne Verlust ab“, jammert der Manager. Er setzt auf den T-Shirt-Verkauf. Wer würde nicht gerne mit einem sonnenbebrillten Bono (Selbsteinschätzung: „Ich bin ein Arschloch mit einem dicken Mercedes.“) auf der Brust herumlaufen?

Die Tournee endet am 28. August in Dublin. Die drei Konzerte in Irland haben vorübergehend mehr als 200 Leuten einen Job verschafft. Die Tickets sind auf vier Karten pro Person limitiert und werden am 15. Mai für dramatische Szenen vor den Vorverkaufsstellen sorgen. Der Gewinn aus den irischen Konzerten – falls es einen gibt – soll sechs wohltätigen Organisationen gespendet werden. Ursprünglich war ein kostenloses Open-air-Konzert im Dubliner Phoenix Park vorgesehen. In dem Park, dem größten in Europa, hatte bereits ein anderer Entertainer einen höchst erfolgreichen Auftritt: Papst Johannes Paul II. lockte 1979 eine Million Menschen ins Grüne. U2 sagte das Freiluftkonzert jedoch ab, weil die Gruppe keine Lust hatte, die hohen Nebenkosten zu tragen.

Auch nach Abschluß der Tournee werden FernsehzuschauerInnen und ZeitungsleserInnen keine Ruhe vor U2 haben: Bassist Adam Clayton heiratet im Herbst Naomi Campbell. Wenn sie nicht schon das teuerste und berühmteste Fotomodell der Welt wäre, hätte sie spätestens die pompöse Verlobungsfeier am Wochenende dazu gemacht. Ralf Sotscheck