„Lernen von den Ossis“

■ Grünes Forum gegen Massenarbeitslosigkeit

„Eine absurde Situation. Warum eigentlich muß ein Arbeitsloser erst immer zwei oder drei Jahre die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit erfahren haben, bevor er gefördert wird?“ Matthias Knuth vom Institut für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen brach gleich mit mehreren Tabus. Auf dem arbeitsmarktpolitischen Forum der Grünen forderte er gestern eine vorbeugende Arbeitsmarktpolitik, die sich nicht erst um ihre Klienten kümmert, wenn sie auf der Straße stehen.

Beispielhaft werde das derzeit in den neuen Bundesländern praktiziert. Hier würden nach Betriebsschließungen Arbeitnehmer in Beschäftigungsgesellschaften aufgefangen. Finanziert werden diese Gesellschaften durch die Bundesanstalt für Arbeit. Der maßgebliche Paragraph 249 h gilt derzeit nur in den neuen Bundesländern. Ist er aber ein Präzedenzmodell auch für den Westen?

„Wir können von den Ossis etwas lernen“, meinte die grüne Arbeitsmarktpolitikerin Marieluise Beck. Die dramatische Arbeitsmarktsituation im Osten habe innovative Ideen notwendig gemacht. „Wir haben immer die Kreativität kleiner Träger gefördert. Angesichts von Massenentlassungen bei Klöckner, vielleicht auch bald bei Daimler, sollten wir uns aber langsam an solche Gedanken wie Beschäftigungsgesellschaften heranwagen.“

Brandenburgs Staatssekretär für Arbeit, Olaf Sund, hat mit Beschäftigungsgesellschaften gute Erfolge erzielt. „Wir versuchen damit, Arbeit zu finanzierieren und nicht Arbeitslosigkeit.“ Die Beschäftigten erhalten statt Arbeitslosengeld oder -hilfe Lohnkostenzuschüsse. Ein Projektausschuß entscheidet, welche Aufgaben förderungswürdig sind. „Die Debatte um die Konkurrenz eines zweiten Arbeitsmarktes war immer eine Gespensterdiskussion“, meinte Sund. „Es hat ihn immer gegeben, und entweder erkennt man das an und gestaltet ihn, oder man nimmt ihn widerwillig zur Kenntnis und er bleibt ungestaltet.“

Optimal sind nach Knuths Angaben Beschäftigungsgesellschaften mit 150 bis 300 Beschäftigten. Die Gesellschaften sollten solche Arbeiten ausführen, die einerseits von allgemeinem Interesse sind, andererseits nicht in Konkurrenz mit in der freien Wirtschaft stehen. mad