Bürokratische Hürden

■ Zuschüsse für Schülerfahrten aus dem Programm Jugend mit Zukunft blockiert

Berlin. Heute starten 22 SchülerInnen mit zwei Lehrern der Weddinger Karl-Bröger-Hauptschule in die Türkei. Nach einer Woche Istanbul helfen sie in einem Workcamp, einen Park in einer Kleinstadt anzulegen und bilden sich anschließend eine Woche an der Ägäisküste. Für Schülerfahrten, die der Begegnung Jugendlicher mit fremden Kulturen dienen, stehen den Bezirken Gelder seit Februar aus dem Sonderprogramm „Jugend mit Zukunft“ zur Verfügung. „Wir haben uns sofort beim Bezirksamt um diese Zuschüsse bemüht“, sagt Lehrer Wilhelm Meyer-Gerner. Doch Anfang April erhielt er von der zuständigen Schulrätin einen ablehnenden Bescheid. Zwar entspreche das Programm durchaus den Förderkriterien, „verwaltungstechnisch“ sei das Geld jedoch noch nicht verfügbar.

Der Weddinger Volksbildungsstadtrat Werner Gotzmann (AL) weiß bis heute nicht genau, wie er an die ihm zugesagten 43.940 Mark herankommen soll. „Man kann das wohl irgendwie beim Finanzsenator abrufen, die Verwaltungsarbeit ist da sehr mühsam“, sagt er. Seit gestern prüfen seine Mitarbeiter bei den fünf weiteren Anträgen, wie und mit wieviel man unterstützen kann. Der Bezirk will das Geld dann erst einmal vorschießen.

Sein Neuköllner Kollege Wolfgang Schimmang (SPD) hat schon zehn Schülerfahrten für insgesamt 62.500 Mark bewilligt und das Geld gleich überwiesen. Die Bezirksstadträte wünschten sich eine unbürokratische Abwicklung, sagt er. Statt dessen müssen sie jetzt jedes einzelne Projekt über einen besonderen Haushaltsposten beim Finanzsenator beantragen. „Das ist sehr umständlich“, so Schimmang. Kreuzberg sagt den Schulen das Geld erst mal schriftlich zu und wartet die Leistung des Senats ab.

„Die Mittel stehen im Prinzip bereit“, sagt Thomas Butz, Sprecher der Finanzverwaltung. Jedes Projekt werde sofort angewiesen, wenn es auf die Einhaltung der Richtlinien überprüft sei. Der Haushaltsposten für die Schülerfahrten umfaßt zwei Millionen Mark. 1,2 Millionen Mark wurden nach einem Schülerschlüssel auf Bezirke verteilt, Sozialstrukturen jedoch nicht berücksichtigt. „Dabei müßte ein Bezirk wie Kreuzberg mehr Geld bekommen als Zehlendorf“, findet ein Kreuzberger Lehrer, der für die Anbahnung einer Partnerschaft mit türkischen Schülern nur 100 Mark pro SchülerIn dazubekam. Über die Verwendung der übrigen 800.000 Mark wird ab Mitte Juni entschieden, wenn Erfahrungsberichte aus den Bezirken vorliegen.

Die geplante Stiftung, die Jugendliche und Familien unterstützen soll, liegt ebenfalls auf Eis. Obwohl ihre Gründung schon Ende letzten Jahres beschlossen wurde, ist noch nicht einmal das Stiftungsgesetz in Arbeit. Die Koalitionsfraktionen beraten immer noch darüber, ob die Stiftung privaten oder öffentlich-rechtlichen Charakter erhalten soll. Auch die Senatsjugendverwaltung wartet auf die Entscheidung. „Die Politiker haben schließlich das Programm aufgelegt, und es macht keinen Sinn, wenn sie die Umsetzung jetzt verzögern“, so Sprecher Thorsten Schilling. Corinna Raupach