■ Das Portrait
: Schulamit Aloni

Foto 18

Foto: Reuter

Ihr Freidenkertum ist den religiösen Parteien Israels ein Dorn im Auge, seitdem Schulamit Aloni im vergangenen Sommer Ministerin für Erziehung und Kultur wurde. Gleichzeitig greifen alle rechten Oppositionsparteien die Ministerin scharf an, weil sie die Führerin des als links-liberal geltenden „Meretz“- Blocks in der Koalitionsregierung Jitzchak Rabins ist – und von Zeit zu Zeit dazu neigt, ihre für israelische Verhältnisse oft unkonventionellen Ansichten zum Ausdruck zu bringen.

Schulamit Aloni, deren „Spezialität“ es immer war, für die Gleichberechtigung der Frauen zu kämpfen und gegen alle Art von religiösem Zwang zu protestieren, ist als Erziehungsministerin in einer besonders prekären Position: die Vorstellungen der verschiedenen religiösen Interessengruppen und Parteien und ihre Forderungen ans Ministerium sind mit einem modernen Erziehungswesen nur schwer vereinbar.

Aloni ist in Israel geboren und jetzt 64 Jahre alt. Sie wurde Lehrerin und Rechtsanwältin; sie hat sich als Verteidigerin in Frauen- und Bürgerrechtsfragen überhaupt einen Namen gemacht. Als Mitglied der Arbeiterpartei (damals Mapai) wurde sie im Jahre 1965 in die Knesset gewählt. Nach schweren Auseinandersetzungen mit der damaligen Parteiführerin Golda Meir kam sie bei den Wahlen des Jahres 1969 nicht wieder ins Parlament. An den Wahlen von 1973 nahm Frau Aloni dann an der Spitze ihrer neugegründeten eigenen Liste für Bürgerrechte teil, die mit 3 Mandaten in die Knesset einzog.

Bei dem Rechtsrutsch des Jahres 1977, der Menachem Begin an die Macht brachte, verlor Schulamit Aloni zwei ihrer Sitze im Parlament. Sie erhielt jedoch in der Mitte der achtziger Jahre eine wichtige Verstärkung aus den Überbleibseln der zerfallenen links-liberalen Scheli Partei. Vor den letzten Wahlen im Jahre 1992 vereinigten sich zwei andere linksliberale Oppositionsparteien mit Schulamit Alonis „Ratz“ und bildeten den „Meretz“ Block, dem sie vorsteht. Er wurde – nach der Arbeitspartei – der zweitstärkste Faktor in Rabins Regierung.

Jetzt hat der dritte Koalitionspartner, die orthodox- religiöse „Schass“-Partei, Rabin ultimativ aufgefordert, Schulamit Aloni ihres Postens als Erziehungministerin zu entheben – und zwar sofort. Und damit eine Regierungskrise in Israel heraufbeschworen. Amos Wollin