Hamburger Festivitäten mit Spät-Folgen

■ Stadtteilmagazin "HH 19" überrascht von bitterbösen Reaktionen / "Radio Hafenstraße" nicht zu fassen

„Radio Hafenstraße“ nicht zu fassen

Das Wochenend-Treiben der MacherInnen vom Stadtteilmagazin „HH 19“ und „Radio Hafenstraße“ hat womöglich strafrechtliche Konsequenzen. Mehrere Teilnehmer der „HH 19-Wohnungs-Tombola“ auf dem Osterstraßenfest wollen Strafantrag wegen Betrug und Verstoß gegen das Lotteriegesetz stellen. Und die Polizei hat gegen die BetreiberInnen von „Radio Hafenstraße“ Strafantrag gegen „Unbekannt“ wegen Verstoß gegen das Fernmeldegesetz gestellt.

Eigentlich hatten die „HH 19“- Leute — die sich mit ihren Beiträgen gegen Wohnungsnot und Spekulantentum einen Namen gemacht haben — nichts Böses im Schilde geführt. Um auf die Wohnungsmisere aufmerksam zu machen, war angekündigt worden, daß auf dem Osterstraßenfest eine „4-Zimmer- Wohnung“ verlost werden soll. Die „Mopo“ hatte die Polit-Satire für bare Münze genommen und die Verlosung angepriesen. Über 1000 Menschen umschwirrten daher am Samstag den „HH 19“-Stand, in der Hoffnung, durch den Kauf eines Loses „für 'ne Mark“ ein neues Domizil zu ergattern. Wut und Enpörung, als der Hauptgewinn — eine Puppenwohnung — von einer Hamburgerin gezogen wurde.

„HH 19“-Redakteur Jörn Breiholz ist über die Reaktion überrascht und betroffen: „Es tut uns leid, wir wollten nicht mit den Hoffnungen und Gefühlen von Wohnungsuchenden spielen. Wir sind einfach überrascht, daß die Leute es nicht geschnallt haben. Schließlich stand der Hauptgewinn auf dem Info-Tisch“ so Breiholz: „Wohnungsuche ist nun mal eine Lotterie.“ Doch selbst „Mieter helfen Mietern“ hat in der Satire keinen Witz erkannt und die Aktion „in aller Schärfe verurteilt“.

Ins Visier der Fahnder ist erwartungsgemäß „Radio Hafenstraße“ geraten. Pünktlich zu Beginn der „Fiesta im Hafen“ hatte sich der legendäre Sender wieder zu Wort gemeldet, der während der Barrikadentage im Herbst 1987 in der City hohe Einschaltquoten erreichte. Im Präsidium begnügte man sich damit, das Programm von Eisler bis Punk zu belauschen. Ein Beamter: „Endlich mal gute Musik.“ Eingeschritten wurde aus „polizeitaktischen Gründen“ nicht.

Allerdings war die „Bundesstelle für Post- und Telekommmunikation“ im Auftrag der Polizei aktiv, um den Schwarzsender aufzustöbern. Ein Sprecher: „Ich kann bestätigen, daß unsere Kollegen gear-

1beitet haben. Ob nur Feldstärkenmeßungen durchgeführt oder ob der illegale Sender auch angepeilt worden ist, kann ich nicht sagen.“ Unklar ist aber, ob es der Telekom

1überhaupt gelungen ist, den Sender zu lokalisieren: „Der Bericht liegt noch nicht vor. Die Kollegen haben wegen der Wochenendarbeit heute frei.“ Das bedeutet: Wenn die Po-

1lizei dieser Tage dem „Radio Hafenstraße-Studio“ einen Besuch abstatten möchte, dürften die Sendeanlagen längst demontiert sein — wie 1987. Kai von Appen