Medien - "Finanzfragen sind Machtfragen"

■ Gutachter Professor Hoffmann-Riem fordert Rücknahme des politischen Einflusses bei den Landesmedienanstalten

bei den Landesmedienanstalten

„Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Alliierten in Deutschland den öffentlich-rechtlichen und nicht den staatlichen Rundfunk geschaffen. Das haben die Politiker gründlich mißverstanden.“ Mit diesen Worten warnte der Direktor der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM), Dr. Helmut Heckel, vor einer Einflußnahme der Regierungen auf die Politik der Landesmedienanstalten. Deren Aufgabe ist es, über die Zulassung von privaten Rundfunk- und Fernsehanbietern zu entscheiden und sie zu kontrollieren. Um „Argumentationshilfe für die Zukunft“ zu bekommen, hatte die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten beim Hamburger Medienrechtler Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem ein Gutachten in Auftrag gegeben, daß gestern vorgestellt wurde. Thema dieser Studie ist die „Finanzierung und Finanzkontrolle der Landesmedienanstalten“.

„Finanzfragen sind Machtfragen“, so Hoffmann-Riem, Direktor des Hans-Bredow-Instituts, über die sich am leichtesten Druck ausüben ließe. Die Landesmedienanstalten werden überwiegend aus einem Anteil der Rundfunkgebühren finanziert, dem sogenannten Zwei- Prozent-Anteil. Unter dem Strich kommt dabei eine Summe heraus, in Hamburg sind es 4,5 Millionen Mark, die für Heckel und seinen Münchener Amtskollegen Dr. Wolf-Dieter Ring „äußerst komfortabel“ ist. Aber allein die Möglichkeit, daß die Ministerpräsidenten diesen Geldhahn weiter auf oder weiter zu drehen können, berge die Gefahr des vorauseilenden Gehorsams in sich.

Hoffmann-Riem sieht nicht nur diese Gefahren und eine „rechtlich unklare Lage mit Mißbrauchspotential“, sonders hält es auch für rechtswidrig, daß die Haushaltspläne der Landesmedienanstalten einer staatlichen Genehmigung unterworfen sind. Kritik äußerte Hoffmann-Riem daran, daß in diesem sensiblen Bereich der Rundfunkfreiheit die Staatskanzleien versuchen, Einfluß auf das Geschäftsgebaren der Anstalten zu nehmen. „Im grundrechtsrelevanten Schutzbereich darf nur die Rechtmäßigkeit der Ausgaben geprüft werden, nicht deren Zweckmäßigkeit.“

Bezogen auf Hamburg meinte Hoffmann-Riem, der für Medien zuständige Senator Thomas Mirow dürfte im Grunde nicht an den Sitzungen der HAM teilnehmen. Denn dadurch bestünde für den Senat jederzeit die Möglichkeit, Diskussi-

1onsprozesse zu beeinflußen, die nicht in seinem Sinne sind. Heckel unterstützte diese Auffassung. Es sei nicht selten vorgekommen, daß Regierungen die Landesmedienan-

1stalten wegen ihrer Forschungsaufträge, Personalausstattung und Informationsreisen kritisiert hätten. „Dabei sind wir Anstalten des öffentlichen Rechts und nicht der

1verlängerte Arm staatlicher Verwaltungsstellen.“ Für Hoffmann-Riem müsse deshalb die staatlichen Finanzkontrolle in eindeutige Grenzen gefaßt werden. Norbert Müller